Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

§ 61. Der Reichshaushalt. 45 
Juni 1909 muß die Reichsbank die Geschäfte der Reichs- 
hauptkasse unentgeltlich besorgen (G. 8§ 22 d 4). 
Die Abrechnungen zwischen der Reichshauptkasse und den 
Landeskassen sind durch die Bek. vom 29. Juni 1910 geregelt. 
Vgl. auch S. 474 über die Auseinandersetzung zwischen Bundes- 
staaten und Reich. 
§ 61. Der Reichshaushalt. 
a. Begriffliches. 
1. Unter Etat, Budget versteht man die rech- 
nungsmäßig aufgestellte und systematisch geordnete Über- 
sicht der zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben für 
eine Wirtschaftsperiode. Der Etat ist also ein Voran- 
schlag (Soll-Einnahme bzw. -Ausgabe), während die 
Rechnung über die wirklichen Einnahmen und Ausgaben 
(Ist-Einnahme bzw. = Ausgabe) erst nach Ablauf der 
Wirtschaftsperiode gelegt werden kann. 
Das Wort „Budget“ (vom altfranzösischen „bougette“ 
pochette) bedeutet Lederbeutel oder Felleisen. Es ist in England 
aufgekommen zur Bezeichnung des Pergamentblattes, welches- 
der Schatzkanzler im Parlamente bei Bewilligung der Subsidien 
durch das Unterhaus seiner Mappe entnahm und in welchem der 
Gesetzentwurf enthalten war. Dieses Blatt stellte den Geld- 
beutel, d. h. den Schatz der Krone, dar. In Frankreich tritt der 
Ausdruck zum ersten Male zur Zeit der Revolution auf. 
Budgetkommission ist die zur Vorbereitung der Beschluß- 
fassung des Parlaments über den Budgetentwurf eingesetzte 
Kommission. 
2.0 Man unterscheidet ein Budgetrecht im ob- 
jektiven Sinne, d. h. die Gesamtheit derjenigen Rechts- 
normen, welche das Finanzwesen eines Staats regeln, 
und Budgetrecht im subjektiven Sinn, d. h. den 
Inbegriff derjenigen Rechte, welche der Volksvertretung 
bei der Aufstellung des Budgets oder Etats gegenüber der 
Regierung zustehen. Das letztere findet sich vorwiegend 
im konstitutionellen Staate, geht aber in seinen Anfängen 
auf noch frühere Zeiten zurück (Steuerbewilligungsrecht, 
vgl. S. 85). 
Das Budgetrecht hat seine Ausgestaltung zuerst in England, 
dessen konstitutionelle Einrichtungen vielfach vorbildlich gewesen 
sind, gefunden und ist durch Frankreich sodann den anderen euro- 
päischen Staaten vermittelt worden. 
Je nach der Ausgestaltung, welche das Steuerbewilligungs- 
recht erfahren hat, unterscheidet man zwei verschiedene Arten des
	        
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