Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

8 61. Der Reichshaushalt. 475 
jetzt ½, während den Bundesstaaten nur noch ½ verbleibt (8 5 
des Finanz G. vom 3. Juli 1913). 
Bei der Branntwein= und Essigsäureverbrauchsabgabe 
beträgt die Vergütung 8% (8§8 23, 53, 110 des Ges.); die Rein- 
einnahme aus der Branntweinsteuer wird auch jetzt noch den 
Bundesstaaten nach dem Maßstabe der Bevölkerung überwiesen, 
was nur mit Zustimmung von Bayern, Baden und Württem- 
berg geändert werden kann (8 5 III des Finanz G. vom 15. Juli 
1909). Die Überweisungen werden im Reichshaushaltsetat von 
den Matrikularbeiträgen gekürzt, so daß diese nur mit dem unge- 
deckten Betrag als Einnahme verrechnet werden. Vgl. S. 444. 
2) Der wirkliche Geldverkehr zwischen Reich und 
Einzelstaaten beschränkt sich auf die nach den Abrechnungen und 
Überweisungen verbleibenden überschüsse; vgl. RV. Art. 39 und 
oben S. 455. · 
4. Die Ausgaben. 
a. Die Ausgaben des Reichs sind teils gemeinschaft- 
liche (vgl. RB. Art. 70, 71), teils solche, an denen nicht 
sämtliche Mitglieder des Reichs teilnehmen (oben S. 442). 
So tragen z. B. keine Kosten: Bayern bezüglich des Bun- 
desamts für das Heimatwesen (S. 272), Bayern, Württemberg, 
Baden und Elsaß-Lothringen bezüglich der Kontrolle der Er- 
hebung der Brausteuer. Anderseits besorgen die Gesandtschaften 
des Reichs zugleich die preußischen Landesangelegenheiten, wo- 
für Preußen dem Reich einen jährlichen Zuschuß zahlt. 
8. „Die gemeinschaftlichen Ausgaben werden in der 
Regel für ein Jahr bewilligt, können jedoch in besonderen 
Fällen auch für eine längere Dauer bewilligt werden“ 
(RV. Art. 71; vgl. oben S. 294). 
Wie weit das Recht des Reichstags (und ebenso 
des Bundesrats) geht, Ausgaben überhaupt zu verwei- 
gern, ist streitig. Art. 71 NV. stellt lediglich den allgemeinen 
Grundsatz auf, daß die gemeinschaftlichen Ausgaben in der Regel 
alljährlich bewilligt werden (s. o.), ohne aber zugleich zu be- 
stimmen, inwieweit der Reichstag zur Bewilligung dieser Aus- 
gaben staatsrechtlich verpf lichtet ist. Die herrschende Mei- 
nung unterscheidet zwischen rechtlich notwendigen und willkür- 
lichen Ausgaben. Erstere sind diejenigen, deren die Regierung 
zur Erfüllung der ihr gesetzlich obliegenden Pflichten bedarf. 
Die Bewilligung des Reichstags ist hier nur eine formelle und 
darf nicht versagt werden; für den Fall ferner, daß vor Beginn 
des Etatsjahres der Etat nicht zustande kommt lunten 5), ist die 
Regierung ohne weiteres berechtigt, diese Ausgaben zu bestreiten. 
Die willkürlichen Ausgaben hingegen bedürfen stets der Geneh- 
migung des Reichstags. 
5. Verwaltung ohne Etat. 
a. Für den Fall, daß das Etatsgesetzvor Beginn
	        
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