§ 61. Der Reichshaushalt. 477
Haushalts der Schutzgebiete) wird nach dem Reichs-
kontrollgesetze vom 21. März 1910 für die Rech-
nungsjahre 1909—1914 von der preußischen Oberrech-
nungskammer unter der Benennung „Rechnungshof des
Deutschen Reichs“ (aber mit besonderen Direktoren und.
Räten, die unmittelbare Reichsbeamte sind) nach Maß-
gabe der im Bundes G. vom 4. Juli 1868 enthaltenen
Vorschriften geführt; jedoch treten an die Stelle der in
§ 3 des letzteren aufgeführten Bestimmungen die für
die preußische Revisionsbehörde geltenden Vorschriften,
namentlich das Pr G. vom 27. März 1872, betr. die Ein-
richtung und die Befugnisse der Oberrechnungskammer
(S. 701), mit einigen, übrigens durch das Pr G. vom 22.
März 1912 z. T. wieder ausgeglichenen Besonderheiten
(Uberlassung der Prüfung gewisser Rechnungen an die
Verwaltungsbehörden; Prüfung der einer regelmäßigen
eingehenden Kontrolle nicht bedürftigen Rechnungen nur
durch Stichproben; Abstandnahme von der Einziehung
zu wenig ein= oder zu viel ausgezahlter Beträge und der
Auszahlung zu wenig aus= oder zu viel eingezahlter
Beträge wegen Geringfügigkeit oder unverhältnismäßiger
Weiterungen usw.).
Der Rechnungshof erteilt den rechnungsführenden Beamten
bei Richtigkeit der Rechnung Decharge (Entlastung), die die Wir-
kung einer Quittung hat und nur nach ALF K I, 14, 146—153 (Rech-
nungsfehler, Unredlichkeiten, in der Rechnung nicht enthaltene
Angelegenheiten) weiteren zivilrechtlichen Ansprüchen Raum läßt,
jedoch den Ansprüchen Dritter nicht vorgreift (PrG. vom 27. März.
1872 r 1. « «· "
weifelhaft ist, wieweit sog. justifizierende Kabi-
nettsorders des Kaisers über die Niederschlagung von Ein-
nahmen oder die Leistung von Ausgaben im Reiche zulässig sind
(für Preußen vgl. S. 686). Laband hält solche Gnadenakte für
statthaft, wenn sie im Wesen der Verwaltung begründet sind;
der Kaiser kann darnach grundsätzlich nicht Steuern erlassen, da
sie auf zwingendem Rechtssatze beruhen, wohl aber z. B. auf
Vertragsstrafen, Ersatzansprüche gegen Beamte verzichten. Der-
artige Gnadenakte sind vom Reichskanzler gegenzuzeichnen mit
Ausnahme der finanziellen Gnadenakte im Bereiche der Militär-
verwaltung, die von den Königen von Preußen, Sachsen, Württem-
berg bewilligt und von den betreffenden Kriegsministern gegen-
gezeichnet werden.
8. Neben der vorstehend behandelten Verwaltungs-
kontrolle besteht im Reiche (wie in Preußen) die Ver-