Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

§ 63. Der gegenwärtige Rechtszustand in Elsaß-Lothringen. 481 
Art. 6 a ein: Elsaß-Lothringen führt 3 Stimmen im 
Bundesrate, die jedoch bei Verfassungsänderungen 
sowie dann nicht gezählt werden, wenn nur durch Hinzu- 
tritt der elsaß-lothringischen Stimmen Preußen die Majo- 
rität erhalten oder sich Stimmengleichheit ergeben würde, 
so daß Preußen nach Art. 7 III,3 der RV. den Aus- 
schlag geben würde (S. 242). Die Stimmführung Elsaß- 
Lothringens ist resolutiv bedingt: sie dauert, solange der 
Kaiser die Staatsgewalt ausübt und an der Spitze der 
Landesregierung ein vom Kaiser ernannter Statthalter 
steht, der die elsaß-lothringischen Bundesratsbevollmãch 
tigten instruiert. l 
Elsaß-Lothringen kann, wie die Bundesstaaten, soviel 
Bevollmächtigte zum Bundesrat ernennen, wie es Stim- 
men hat; die Stimmen können aber nur einheitlich ab- 
gegeben werden. Die Bevollmächtigten haben nicht nur 
beratende, sondern beschließende Stimme, sie können An- 
träge stellen und nehmen an der Bildung der Aus- 
schüsse teil. 
2. Art. II enthält die eigentliche Verfassung in 
28 Paragraphen, deren vorletzter eine große Anzahl der 
bisherigen, teils hinfällig gewordenen, teils inhaltlich 
übernommenen Vorschriften aufhebt. 
Nach Art. III, 2 kann das Verfassungsgesetz vom 31. Mai 
1911 nur durch Reich s gesetz aufgehoben oder abgeändert wer- 
den (S. 488). Alle anderen Vorschriften für Elsaß-Lothringen, 
auch das Wahlgesetz vom 31. Mai 1911, unterliegen dagegen der 
Landes gesetzgebung. 
Hiernach, i. V. mit den noch gültigen früheren Be- 
stimmungen, ergibt sich der folgende Rechtszustand. 
a. Die Staatsgewalt in E.-L. 
übt, wie bisher, der Kaiser aus. An der Spitze der 
Landesregierung steht ein Statthalter in Straß- 
burg, der vom Kaiser unter Gegenzeichnung 
des Reichskanzlers ernannt und abberufen 
wird. Alle andern Regierungsakte des Kaisers bedürfen 
der Gegenzeichnung des Statthalters, der da- 
durch die Verantwortlichkeit übernimmt. Der Statthalter 
tritt, auch soweit früher der Reichskanzler in elsaß-loth- 
ringischen Landesangelegenheiten zuständig war, an dessen 
Stelle; er ist der Reichskanzler für Elsaß-Lothringen, in- 
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