486 8 63. Der gegenwärtige Rechtszustand in Elsaß-Lothringen.
Die Mitgliedschaft der gewählten und der ernannten Mit-
glieder dauert 5 Jahre.
Quorum: 23 Mitglieder.
b. Die zweite Kammer besteht aus 60 Abge-
ordneten, die durch das Reichsgesetz über die Wah-
len zur zweiten Kammer vom 31. M ai 1911
auf die Kreise verteilt sind.
1) Die Wahlen sind allgemein, direkt, geheim,
mit gleichem Wahlrecht. Wahlberechtigt ist jeder
männliche, reichsangehörige, 25jährige Einwohner Elsaß-Lothrin-
gens, der daselbst seit mindestens drei Jahren (Beamte, Religi-
onsdiener, Lehrer an öffentlichen Schulen seit mindestens einem
Jahre) seinen Wohnsitz hat. Das aktive Wahlrecht ruht für ak-
tive Militärpersonen mit Ausnahme der Militärbeamten. Aus-
geschlossen vom Wahlrecht sind Personen, die in der Verfügung
über ihr Vermögen beschränkt sind, die mit den direkten Staats-
steuern im Rückstande sind, die Armenunterstützung aus öffent-
lichen Mitteln beziehen oder im letzten Jahre bezogen haben,
die nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte sind oder, wenn
sie rechtskräftig zu Zuchthaus oder Gefängnis wegen eines Ver-
brechens oder eines solchen Vergehens verurteilt sind, das die
Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte zur Folge haben kann,
für die Dauer von 5 Jahren seit Verbüßung, Verjährung oder
Erlassung der Strafe, auch wenn die Aberkennung der Ehren-
rechte nicht ausgesprochen ist.
2) Wählbar ist jeder 30jährige Wahlberechtigte (auch
aktive Militärpersonen), der seit mindestens drei Jahren die
Reichsangehörigkeit besitzt, ebenso lange seinen Wohnsitz in Elsaß-
Lothringen hat und eine direkte Staatssteuer entrichtet.
3) Die Wahl ist eine Fristwahlz; sie dauert mindestens 4
und höchstens 8 Stunden zwischen 10 Uhr morgens und 6 Uhr
abends. Der Wahltag muß ein Sonntag sein. Zur Si-
cherung des Wahlgeheimnisses sind Normativbestimmungen er-
lassen. Ergibt die Wahl keine absolute Stimmenmehrheit für einen
Kandidaten, so findet eine Nachwahl statt, bei welcher relative
Mehrheit entscheidet. Eine Stichwahl wird also nicht vorgenom-
men. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los.
4) Über Einsprüche gegen die Gültigkeit der
Wahlen entscheidet nicht die Kammer, sondern der oberste Ver-
waltungsgerichtshof, bis zu dessen Errichtung ein Senat des
Oberlandesgerichts.
Die Legislaturperiode dauert 5 Jahre. Die für das
Reich und die Bundesstaaten bestehende Streitfrage (oben S. 251),
wann sie beginnt, ist dahin entschieden, daß der Tag der allge-
meinen Wahlen maßgebend ist.
Quorum: Die Mehrheit der Mitglieder, also 31.
KC. Die Kammern werden vom Kaiser berufen, er-
öffnet, vertagt, geschlossen und ausgelöst. Die Beru-