494 8 65. Verfassung und Verwaltung in den Schutzgebieten.
2. In der Ausübung der Schutzgewalt ist der Kaiser
sachlich an sich keinen Schranken unterworfen. Doch
bedarf es zur Erwerbung und zur Abtretung
eines Schutzgebiets oder von Teilen eines solchen
(abgesehen von Grenzberichtigungen) nach § 1 II des
SchG. (RG. vom 16. Juli 1912) eines Reichsgesetzes,
und nach 8 14 ist den Angehörigen der im Deutschen
Reich anerkannten Religionsgemeinschaften in
den Schutzgebieten Gewissensfreiheit und religiöse Duldung
gewährleistet (vgl. Ki. § 10 a 4 8 über die Zulassung
des Jesuitenordens). Wegen des Etatsgesetzes s. S. 497.
Das aus der Ausübung der Schutzgewalt fließende Ver-
ordnungsrecht des Kaisers ist ferner eingeengt bezüglich
der durch formelle Gesetze geregelten Materien (unten
S. 500), die freilich mannigfach nach den besonderen Be-
stimmungen des Sch GGG. und des von diesem in bezug
genommenen- Kons GG. wieder durch Kaiserliche Verord-
nungen ergänzt und geändert werden können. Für die
Gegenzeichnung durch den Reichskanzler gelten die all-
gemeinen Bestimmungen.
c. Die Organisation der Verwaltung.
1. Zentralverwaltung.
Ander Spitze der Kolonialverwaltung
steht das dem Reichskanzler nachgeordnete, aus der
Kolonialabteilung des Auswärtigen Amts nebst dem Ober-
kommando der Schutztruppen durch Erlaß vom 17. Mai
1907 geschaffene Reichskolonialamt für die Schutz-
gebiete in Afrika und der Südsee sowie das Reichs-
marineamt für Kiautschou.
Der Kolonialrat ist aufgehoben durch den Erlaß vom
17. Februar 1908, der statt dessen Sachverständigenkommissionen zu-
läßt (z. B. V. vom 30. Juni 1911 über die Errichtung einer
ständigen wirtschaftlichen Kommission der Kolonialverwaltung).
Der Reichskanzler und als sein Vertreter (S. 269)
der Staatssekretär des Reichskolonialamts haben teils
auf Grund gesetzlicher Bestimmung, teils infolge kaiser-
licher Delegation eine umfassende Befugnis zum Erlaß
auch von Rechtsverordnungen. «
.,«gk—SchGG.§15,KaisV.vom3.Juni1908,betr.die
Einrichtung der Verwaltung und die Eingeborenen-Rechtspflege
in den afrikanischen und Südseeschutzgebieten. Im Reichskolo-