Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

30 8 5. Die Staatsgewalt. 
stelltes, nicht greifbares) Rechtssubjekt (S. 42 f.). Ein sol- 
ches nur gedachtes (begrifflich abstrahiertes) Subjekt kann 
nicht selbst handelnd in die Außenwelt eingreifen; denn 
eine Willensbetätigung kann immer nur durch einen 
Menschen, eine physische Person, erfolgen. Der Staat 
muß sich daher zur Bildung und Aeußerung seines Wil- 
lens physischer Personen bedienen. Diese von ihm be- 
nutzten Personen haben aber nicht die Stellung von Stell- 
vertretern einer Person. Denn bei der Vertretung sind 
zwei Rechtssubjekte, ein Vertreter und ein Vertretener, 
mit zwei getrennten Willenssphären zu unterscheiden. 
Die Willensmittler des Staates dagegen nehmen etwa 
die Stellung ein, wie beim Einzelmenschen die ihm von 
der Natur gegebenen Körperteile (Werkzeuge, Organe), 
durch die er seinen Willen bildet (Gehirn) und äußert 
(Mund). Man bezeichnet daher die Willensmittler des 
Staates ebenfalls als seine Organe. 
a. Die Staatsorgane sind in dieser ihrer Eigen- 
schaft nicht vom Staat als Rechtssubjekt zu unterscheidende 
Rechtssubjekte, sondern sie sind „der Staat“, sie „reprä- 
sentieren“ ihn. Daher wird durch einen Personenwechsel 
keine Veränderung herbeigeführt. Wird eine Klage gegen 
das Deutsche Reich erhoben, so ist es bedeutungslos, wenn 
im Prozeßverlauf an die Stelle des Reichskanzlers v. 
Bülow der Reichskanzler v. Bethmann Hollweg tritt; 
das den Staat repräsentierende Organ (die „Behörde“), 
der „Reichskanzler“, ändert sich nicht, wenn die Person 
des Reichskanzlers wechselt. ZPO. 8§ 241 (Unterbrechung 
beim Aufhören der Vertretungsbefugnis eines gesetzlichen 
Vertreters) ist daher z. B. unanwendbar. 
8. Der Staat kommt mit Rücksicht auf die zahl- 
reichen von ihm ausgehenden Willensbetätigungen mit 
einem Organ nicht aus. Er hat vielmehr eine große 
Zahl von Organen (Behörden) nötig, von denen viele wie- 
der aus zahlreichen Personen (Beamten) zusammengesetzt 
sind. Jedes dieser Organe repräsentiert den Staat und 
übt die Staatsgewalt aus. Nicht jedes dieser Organe 
übt aber die ganze Staatsgewalt aus; vielmehr steht die 
Staatsgewalt den meisten Organen nur für engbegrenzte 
Tätigkeitsbereiche zur Verfügung. Die Staatsver-
	        
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