§ 68. Preußen als konstitutionelle Monarchie. 521
vorletztes dem Staat ein — freilich erst nach über vier Jahren
erstmalig angewandtes — Enteignungsrecht verlieh (L. III
§ 18 222; vgl. ferner Pr G. vom 10. August 1904, S. 308, und
das „Besitzfestigungsgesetz“ vom 26. Juni 1912, das der Regie-
rung 100 Millionen Mark im Interesse der Festigung und Stär-
kung des deutschen ländlichen Besitzstands in den national ge-
fährdeten Teilen der Provinzen Ostpreußen, Pommern, Schlessen
und Schleswig-Holstein zur Verfügung stellt). Über die von
manchen erhobenen rechtlichen Bedenken vgl. S. 308, 533. Auch
über die praktischen Erfolge der vorerwähnten Gesetzgebung, deren
Durchführung die Polen vielfach tatkräftig entgegenwirken (pvgl.
RG . 77 419), sind die Ansichten geteilt, wenngleich der Rück-
gang der Deutschen zum Stillstande gekommen zu sein scheint.
1. Die deutschnationalen Bestrebungen in der Ostmark finden
ihren amtlichen Vereinigungspunkt in der dem Staatsmini-
sterium unterstellten „Ansiedlungskommission“. Diese
setzt sich nach der auf Grund von § 12 des Pr. vom. 26. April
1886 erlassenen, durch das PrEG. vom 20. 3. 1908 ergänzten
Kal V. vom 21. 6. 1886 zusammen aus:
a. den Oberpräsidenten von Posen und Westpreußen;
8. je einem Kommissarius des Ministerpräsidenten, der Mi-
nister für Landwirtschaft, des Innern, der Finanzen und der
geistlichen und Unterrichtsangelegenheiten;
y. den vom König auf je drei Jahre ernannten sonstigen
Mitgliedern, von denen je eines auf Vorschlag der Landwirt-
schaftskammern für Posen und Westpreußen ernannt wird.
Der für Ansiedlungszwecke zur Verfügung gestellte Fonds
betrug nach dem PrE. vom 26. April 1886 100 Mill. Er
wurde 1898 und 1902 auf 350 Mill. erhöht; außerdem wurden
weitere 100 Mill. zum Ankauf von Gütern zur Verwendung als
Domänen sowie für Forsten bewilligt. Durch Pr G. vom 20. März
1908 wurden nochmals 250 Mill. bewilligt, von denen 75 Mill.
zur Umwandlung bäuerlicher Güter in Ansiedlungsrentengüter
und zur Förderung der Seßhaftmachung von Arbeitern auf dem
Lande (mittelst Prämien), 50 Mill. zum Erwerb größerer Güter
zwecks Weiterveräußerung als Rentengüter bestimmt sind. Für
Ansiedlungszwecket sind hiernach — mit den 100 Mill.
des Besitzfestigungsgesetzes vom 26. Juni 1912 (s. o. — 800
Mill. M. aufgewendet worden.
2. Die privaten Bestrebungen zur Erhaltung des Deutsch-
tums in den national gefährdeten Staatsteilen des Ostens (West-
preußen, Posen, Schlesien) vereinigen sich in dem 1894 ge-
gründeten (seit 1899 so genannten) Deutschen Ostmarken-
verein. Sein Organ ist „Die Ostmark“. Die Gegner be-
zeichnen ihn nach den Anfangsbuchstaben seiner drei Gründer
(Ferdinand v. Hansemann-Pempowo — Sohn David Hanse-
manns, des Gründers der Diskontogesellschaft —, Hermann
Kennemann-Klenka, Heinrich v. Tiedemann-Seeheim)
als HKKT= Verein, seine Mitglieder als Hakatisten.