Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

§ 5. Die Staatsgewalt. 33 
heitlichen Staatsgewalt; denn auch hier handelt es sich 
nur um eine Zuständigkeitsverteilung, d. h. um eine 
Verteilung der Ausübung der Staatsgewalt nach den 
Gegenständen der staatlichen Betätigung. 
2. Unverantwortlichkeit. 
a. Die Staatsgewalt ist insofern unverantwortlich, 
als in der Regel (S. 23) keine höhere Gewalt über ihr 
steht, die sie zur Verantwortung ziehen kann. Begrifflich 
ist die Unverantwortlichkeit aber keine Eigenschaft der 
Staatsgewalt. Das zeigt sich: staatsrechtlich z. B. 
im Bundesstaat, der den Gliedstaat zur Erfüllung seiner 
verfassungsmäßigen Bundespflichten zwingen kann (z. B. 
RNV. Art. 19 „im Wege der Exekution"“), völkerrecht- 
lich in dem Grundsatze, daß jedes Glied der Völkerrechts- 
gemeinschaft für schuldhafte, völkerrechtswidrige Eingriffe 
in die Interessen anderer Staaten verantwortlich gemacht 
werden kann. 
Gleich allen völkerrechtlichen Grundsätzen beruht auch 
dieser auf der Selbstbindung der Kulturstaaten und kann 
mangels einer überragenden rechtlich begründeten Macht 
äußersten Falls nur mit den Waffen durchgesetzt werden. 
Die völkerrechtliche Verantwortlichkeit für rechtsverletzende 
Staatsdelikte wird besonders im Kriegsfalle bei Ver- 
letzung der Neutralität praktisch. 
Vgl. hierzu die Haager Abkommen vom 18. Oktober 1907, 
betr. die Rechte und Pflichten der neutralen Mächte und Per- 
sonen im Falle eines Landkriegs, bzw. der Neutralen im Falle 
eines Seekriegs. 
Am berühmtesten ist der Alabamafall. England hatte 
während des amerikanischen Bürgerkrieges (1865) geduldet, daß 
Kaperschiffe der Südstaaten (darunter die „Alabama“) in eng- 
lischen Häfen ausgerüstet wurden. Die Vereinigten Staaten 
machten England für die durch diese Kreuzer verursachten Schä- 
den verantwortlich; es kam 1871 zu einem Schiedsvertrag, und 
England wurde 1872 durch Schiedsspruch zur Zahlung von 
15½ Mill. Dollars verurteilt. Z Z„ 
8. Mit der Frage der Unverantwortlichkeit der 
Staatsgewalt nicht zu verwechseln ist die Frage der Un- 
verantwortlichkeit des Staatsträgers für 
seine rechtsverletzenden Handlungen, auch wenn er diese 
nicht namens des Staates, sondern als Privatperson vor- 
nimmt. 
  
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