Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

536 § 71.= Die Bewohner des Staatsgebiets. 
bestimmter Verwaltungsbeamten (z. B. Kreisordnungen für West- 
falen und für die Rheinprovinz §8 99), 5) erbliche Berechtigung 
im Herrenhause (Kgl V. vom 12. Oktober 1854 wegen Bildung der 
Ersten Kammer § 22). 
Über den Erwerb des hohen Adels vgl. L. I § 12 f 1 a. 
Der niedere Adel (L. I § 12 kf 1 86) gewährt keine rechtlichen 
Vorzüge mehr; für ihn gilt noch z. T. A#. II, 9. 
8. Die Depossedierten. 
Außer den Mediatisierten gehören dem hohen Adel — 
abgesehen von den noch gegenwärtig souveränen Familien — 
an und nehmen eine rechtlich bevorzugte Stellung ein die Mit- 
glieder des vormaligen Hannoverschen Königshauses, des vor- 
maligen Kurhessischen, des vormaligen Herzoglich Nassauischen, 
des Herzoglich-Holsteinischen und des Hohenzollernschen Fürsten- 
hauses. 
a. Den Depossedierten ist reichsrechtlich Be- 
freiung von der Wehrpflicht und der Eingquartierungslast im 
Frieden gewährleistet (angezweifelt von Anschütz unter enger 
Auslegung des Begriffs „Mitglieder regierender Häuser“ in den 
RG. vom 9. November 1867 § 1 und 25. Juni 1868 § 4), fer- 
ner Autonomie (EGBGB. Art. 57, L. I 8 3 b 1 8, vgl. auch 
Z. 1 § 11 20, 21, insbesondere über die prozessuale Sonderstellung, 
über das Unterbleiben der Eintragung des Bauvermerks Bau- 
fordG. vom 1. Juni 1909 § 12 II, L. III § 67 bc 1 a). 
Nicht ausdrücklich gesetzlich anerkannt, aber unbestritten ist ihre 
fortdauernde Ebenbürtigkeit. Landes gesetzlich steht ihnen Frei- 
heit von der staatlichen Einkommen= und Ergänzungssteuer zu 
(EinkSteuerG. 8 3, ErgStG. 83). 
b. Auf die Mitglieder des Herzoglich Holsteinischen 
Fürstenhauses sind die auf die Depossedierten bezüglichen Vor- 
schriften der Reichsgesetze durch das RG. vom 25. März 1904 
erstreckt worden. Die Befreiung von der staatlichen Einkommen- 
und Ergänzungssteuer gilt jedoch für das Holsteinische Fürsten- 
haus nicht. Die vermögensrechtliche Stellung ist bereits oben 
S. 195 besprochen. Das herzogliche Haus Schleswig-Holstein-Son- 
derburg gehört nicht zu den standesherrlichen Familien, bildet 
aber einen selbständigen Zweig eines in Deutschland (Holstein und 
Lauenburg) vormals souveränen Hauses, nämlich der älteren 
königlichen Linie (ugl. S. 78). Die Häupter der Augustenburger 
und der Sonderburger Linie gehören jedoch dem Herrenhause 
mit erblicher Berechtigung an. 
Cc. Das fürstliche Haus Hohenzollern (seit 1869 
blüht nur noch die Linie Sigmaringen, vgl. die Stammtafel 
im Anhange) gehört zwar nicht zur königlichen Familie, 
ist namentlich auch nicht thronfolgeberechtigt, wohl aber bildet 
es, z. T. „durch die Staatspraxis“ (Anschütz), eine Art Seiten- 
linie des Gesamthauses Hohenzollern. Im Gegensatze zum Kö- 
nigshaus ist das fürstliche Haus katholisch. Die zu a. erwähn- 
ten reichs gesetzlichen. Vorschriften kommen auch hier zur An- 
wendung. Im übrigen gründet sich die Rechtsstellung des
	        
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