34 § 5. Die Staatsgewalt.
oen rechbteichekuichen Ausgangspunkt bildet Ulpians Satz
in princeps legibus solutus est; Augusta. (seine
rne n autem, licet legibus soluta non est, principes tamen
eadem illi privilegia tribuunt, quae ipsi habent. Dieser Satz
bezog sich zwar nur auf die Befreiung des princeps von den
Inkapazitätsvorschriften der lex Julig et Papia Poppaea (4—9
n. Chr.), wurde aber schon in der späteren römischen Kaiserzeit
zur Begründung des Satzes benutzt, daß der Herrscher über den
Gesetzen stehe („legibus solutus“). Dieser Grundsatz wurde dann
in den absoluten Monarchien, in denen die Staatsgewalt als
im Herrscher verkörpert angesehen wurde (S. 37), aus dem Be-
griffe der Souveränität des Herrschers gefolgert.
Heute ist man sich einig darüber, daß der Herrscher im mo-
narchischen Staate zwar strafrechtlich unverantwortlich ist,
weil es an einer über ihm stehenden und ihn zur Verantwortung
ziehenden Gewalt fehlt, daß er aber an sich den Staatsgesetzen
wie jeder andere Bürger untersteht, so daß er für rechtsverletzende
Handlungen begrifflich verantwortlich gemacht werden kann. Die
strafrechtliche Unverantwortlichkeit wird in Eng-
land durch den Satz: the King can do no wrong ausge-
drückt und findet sich vielfach in den Verfassungen sichergestellt,
z. B. in PrlII. Art. 43: „Die Person des Königs ist unver-
letzlich“ (in Nachbildung der belgischen Verfassung, Art. 63:
„La personne du roi est inviolable, les ministres sont respon-
sables“'). Die privatrechtliche Verantwortlichkeit
ist im EGB#PO. 8§ 5 vorausgesetzt und insofern reichsrechtlich
gesichert, als die Zulässigkeit des Rechtsweges für vermögens-
rechtliche Ansprüche Dritter nicht von der Einwilligung des
Landesherrn abhängig gemacht werden darf. In Preußen
erfolgt die Erhebung solcher Ansprüche gegen den König (und
die Mitglieder der Königlichen Familie) vor dem Geheimen
Justizrat, einem bei dem Kammerzgericht (Oberlandesgericht
Berlin) bestehenden Sondergerichtshof (8. 1 11 20: 12 Mit-
glieder, von denen 5 die erste, 7 die zweite Instanz bilden;
die dritte Instanz bildet das Reichsgericht; PrG. vom 26. April
1851 Art. III, AGGVG. 8 18, AGZPO. g 4, KaisVerordn. vom
26. September 1879 8 2).
3. Legitimität.
Legitim ist die dem bestehenden Rechts zustande
entsprechende, illegitim die ihm widersprechende
Staatsgewalt. Die — durch eine Revolution — rechts-
widrig erlangte („usurpierte“), also zunächst illegitime
Staatsgewalt, kann durch eine als Aenderung des bis-
herigen Rechtszustandes aufzufassende Anerkennung sei-
tens des Volkes oder der übrigen Staaten zur legitimen
werden. Die Befugnis zur Ausübung der Staatsgewalt
hängt aber von ihrem tatsächlichen, nicht von dem recht-