Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

556 § 74. Der König. 
Amtes genügt haben. Vgl. betreffs der Richter Pr Vu. Art. 90, 
GVG. 88 1 ff., AGGVG. F 1, Z. 1 § 9b, betreffs der Minister 
S. 595, betreffs der Landräte S. 609. Zum Teil ist ferner das 
Recht zur Ernennung von Beamten auf den Deutschen Kaiser 
übergegangen, oben S. 247. « 
2) Das Amterverleihungsrecht kann der König grund- 
sätzlich auch durch andere Organe des Staats ausüben. 
Gesetzlich entzogen ist es ihm namentlich hinsichtlich der Kom- 
munalämter; so werden nach der Städte O. für die östl. Prov. 
§ 568 die Gemeindebeamten vom Magistrat angestellt, der Bür- 
germeister und die übrigen Magistratsmitglieder von der Stadt- 
verordnetenversammlung gewählt (8 31), und an das staatliche 
Ernennungsrecht erinnert nur noch die nach § 33 erforderliche 
E durch den König bzw. den Regierungspräsidenten 
(S. 620). 
8. Der König hat das Recht der Begnadigung 
und Strafmilderung (Art. 491). 
a. Begnadigung im weiteren Sinn ist Beseitigung 
oder Milderung der Straffolgen durch Verfügung der 
Staatsgewalt (v. Liszt), nicht Beseitigung der strafbaren Hand- 
lung (wichtig für den Rückfall, vgl. StGB. 88 245, 250 5, 261, 
264, und im Falle des § 1680 BGB., Verwirkung der elter- 
lichen Gewalt, L IV § 32 a 2 T0). Die Begnadigung ganzer 
Klassen heißt Amnestie. Die Begnadigung i. w. S. kann 
bereits erkannte Strafen erlassen oder mildern ( Begnadigung 
i. e. S.), dabei auch die auf staatsbürgerlichem Gebiete liegenden 
Nebenwirkungen (Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, 
StGB. 8§8§ 32 ff.) beseitigen (Rehabibiütation) oder enb- 
lich die Verfolgung einer strafbaren Handlung vor der Verur- 
teilung einstellen (Abolition). 
Deas dem Könige nach Art. 49 zustehende Begnadigungsrecht 
ist beschränkt, soweit es auf den Kaiser übergegangen ist (oben 
S. 247), ferner im Falle der Ministeranklage (Art. 19 II, 
in Preußen unpraktisch, S. 596) und endlich, soweit bereits eine 
Untersuchung eingeleitet ist, St PO. 88 151, 168, 154. 
Für diesen Fall bestimmt Pr VuU. Art. 49 III: „Der König kann be- 
reits eingeleitete Untersuchungen nur auf Grund eines besonderen 
Gesetzes niederschlagen“. Eine solche Niederschlagung einer schwe- 
benden Strafsache wirkt auch, wenn die Sache schon beim Reichs- 
gericht anhängig ist (streitig; wie hier RSt. 33 204, weil auch 
beim Reichsgerichte der Strafanspruch dem Einzelstaate zustehe). 
b. Das Begnadigungsrecht kann vom König anderen Orga- 
nen delegiert werden; dies ist z. B. geschehen für gewisse Forst-ü 
strafsachen (Landwirtschaftsminister, neuerdings Regierungspräsi- 
dent und Regierungen, KglErl. vom 25. Januar 1911), kleine 
Geld strafen in den neuen Provinzen (Justizminister, KglErl. vom 
19. Dezember 1866 und 16. Februar 1867), Zoll- und Steuer- 
sachen (Minister des Innern, Finanzminister und nachgeordnete 
Behörden, KglErl. vom 26. September 1897 und 15. August
	        
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