Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

§ 74. Der König. 557 
1913, Erl. des Fin Min. vom 7. Oktober 1913), Polizei strafen 
(zuständig innerhalb seines Geschäftsbereichs der Minister, KglErl. 
vom 22. Januar 1913). 
c. Unter bedingter Begnadigung versteht man die 
neuerdings in Preußen und anderen Bundesstaaten getroffene An- 
ordnung (Kgal Erl. vom 23. Oktober 1895 und 6. November 
1912, Allg Verf. vom 11. November 1912), daß die Strafvoll- 
streckung in den dazu geeigneten Fällen (besonders bei jugend- 
lichen und erstmalig verurteilten Personen) auszusetzen ist mit 
der dem Verurteilten mitzuteilenden Aussicht, daß bei tadelloser 
Führung innerhalb einer längeren Zeit die Begnabigung herbei- 
geführt werden würde. Die Aussetzung erfolgt auf Vorschlag der 
Strafvollstreckungsbehörde, Staatsanwalt oder Amtsrichter, durch 
den Justizminister, in leichteren Fällen durch den Oberstaatsan- 
walt, die spätere Begnadigung in der Regel durch den König. 
Andere Staaten (z. B. Frankreich auf Grund der loi Bérenger 
von 1891) haben dagegen das Institut der bedingten Ver- 
urteilung aufgenommen, wonach der erkennende Richter beim 
Erlasse des Urteils aussprechen kann, daß die erkannte Strafe 
dem Verurteilten für den Fall guter Führung innerhalb gewisser 
Zeit erlassen sein soll. Vgl. L. IV 8 30 b 3 8. 
J. Dem Könige steht ferner zu: die Verleihung von 
Orden und anderen mit Vorrechten nicht verbundenen 
Auszeichnungen (Art. 50, von manchen, weil z. T. 
ohne ministerielle Gegenzeichnung erfolgend, zu den 
Ehrenrechten gezählt), sowie das (delegierbare) Recht, die 
Erlaubnis zur Anderung von Familien= oder 
Geschlechtsnamen zu erteilen. 
a. Das Ordenswesen 
untersteht der General--Ordenskommission. Orden 
werden nur „verliehen“; sie wetden daher regelmäßig el. aber: 
L. V § 1 a 18) nach dem Tode des Beliehenen zurückgereicht, 
und zwar die Orden 1. Klasse und der Schwarze Adlerorden dem 
Könige persönlich, die übrigen an die Generalordenskommission. 
Preußische Orden (einschließlich der Ehrenzeichen) sind: 
der Schwarze Adlerorden (gestiftet 1701 bei der Königs- 
krönung; seine Verleihung schließt die Verleihung des Adels in 
sich, der Verdienstorden der Preußischen Krone 
(gestiftet am 18. Januar 1901), der Rote Adlerorden (von 
Ansbach 1792 übernommen), der Kgl. Hausorden 
von Hohenzollern (für Verdienste um das Kgl. Haus, 1851, 
vgl. S. 537), der Kronenorden (1861), der Orden pour 
le mérite (mit einer 1740 gestifteten militärischen Klasse 
und einer 1842 gestifteten Friedensklasse für Wissenschaft und 
Kunst), das Eiserne Kreuz (1813 gestiftet, 1870 erneuert), 
der Johanniterorden (1812, vgl. Ki. § 10 b 1), der 
Luisenorden für Frauen (1814), das Verdienstkreuz 
für Frauen und Jungfrauen (1871; 1907 in einen Orden um-
	        
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