Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

§ 6. Das Wesen des Staates. 37 
ctvilis, im Gegensatz zum ungebundenen status natura- 
lis der nichtstaatlichen Gemeinschaft. Der Staat sei der 
Zustand der Beherrschung der Volksmenge durch 
den Herrscher. 
Der Zustand „der Beherrschung“ löst sich bei näherer Be- 
trachtung in eine unübersehbare Zahl von Unterordnungsverhält- 
nissen auf; das widerspricht aber der Tatsache, daß uns der 
Staat als Einheit erscheint, und zwar als kontinuierliche Ein- 
heit, auf die eine Anderung der Personen der Herrscher und der 
Beherrschten ebenso einflußlos ist, wie eine Anderung der Be- 
herrschungsform. · 
J. Der Staat ist das Staatsvolk. 
Diese Anschauung kommt in der Bezeichnung der an- 
tiken Staaten als ol 49yvrafos, ol Aure###rteSp#os, „populus 
Romanus“ zum Ausdruck, ebenso aber z. B. in den auf 
dem Grundsatz der Volkssouveränität (S. 66) beruhen- 
den modernen Verfassungen, z. B. der nordamerikanischen 
(„We the people of the United States do ordain, and 
establish this Constitution for the U. S. of America“). 
Diese Theorie verwechselt die Volksgenossen mit dem als 
Einheit gedachten und organisierten Volk. Nicht die Volksge- 
nossen in ihrem jeweiligen Bestande bilden den Staat — sonst 
wäre dessen Fortdauer trotz Wechsel der Personen unverständlich 
—, sondern das Staatsvolk als solches, das durch eine höchste 
Gewalt zu einer kontinuierlichen Einheit zusammengefaßt wird. 
d. Der Staat ist der Herrscher. 
Wie die unter J erörterte Theorie das eine, so iden- 
tifiziert diese der Fürstensouveränität (S. 66) dienende 
Thecorie das zweite der drei Staatselemente mit dem 
Staat (Staat — Regierung). 
a. In der „dualistischen Fassung“ (v. Sey- 
del) ist der Herrscher das Subjekt, der aus „Land und 
Leuten“ zusammengesetzte Staat das Objekt der Herr- 
schaft. Diese Theorie kehrt auch unter den Rechtstheorien 
wieder (S. 429. 
b. In der „monistischen Fassung“ (so schon 
Louis XIV.: „L'Etat c'’est moi“, vgl. S. 68) ist der 
Staat der Herrscher, „derjenige, der die Staatsgewalt aus 
eigenem Recht inne hat“ (Bornhak). 
Die Identifizierung des Staates mit der Person des Herr- 
schers hätte zur Folge, daß der Staat mit dem Fortfall dieser 
Person enden müßte. Um dieser der allseitig anerkannten Konti-
	        
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