§ 75. Der Landtag. 571
Kammer. Die Pr Vll. vom 31. Januar 1850 enthält
nun zwar selbst in den Art. 70—72 und 74 Vorschrif-
ten über das aktive und passive Wahlrecht und die Wahl-
männerwahlen, verweist aber im übrigen (Art. 72 H,)
auf ein Wahlgesetz, und bis zu dessen Erlasse soll nach
Art. 115 die, z. T. erheblich abweichende, KglV. vom
30. Mai 1849 in Kraft bleiben. Diese, die auf dem
Dreiklassenwahlrecht und dem Sgysteme der all-
gemeinen, aber mittelbaren (indirekten) und of-
fenen Wahlen beruht, wurde auch in die später erwor-
benen Landesteile eingeführt und durch die Gesetze vom
29. Juni 1893 und 28. Juni 1906 abgeändert. Beide
Gesetze setzten außerdem die Bestimmungen des Art. 115,
das erste auch die des Art. 71 außer Kraft, soweit diese
den neuen Vorschriften entgegenstanden. Für Hohen-
zollern und Helgoland vgl. noch die Sonderbestimmungen
der Gesetze vom 2. Juli 1900 und 18. Februar 1891
§ 10. Das Staatsministerium hat ein Wahlregle-
ment vom 14. März 1903 (20. Okt. 1906) erlassen.
2. Die Ausführung der Wahl.
a. Die Wahlmännerwahlen.
a. Wahlbezirke.
Der Staat ist in 276 Wahlbezirke, jeder Wahl-
bezirk in Urwahlbezirke geteilt. Die Wähler jedes
Urwahlbezirks werden nach Maßgabe der von ihnen zu
entrichtenden direkten Steuern in drei Abteilungen
geteilt, so daß jede Abteilung ½ der Gesamtsumme der
direkten Steuern umfaßt (vgl. aber über die Nichtberück-
sichtigung gewisser Steuerzuschläge und Ermäßigungen
Eink St G. § 20a — Fassung vom 26. Mai 1909 — und
BesoldungsG. vom 26. Mai 1909 § 9). Wer nicht zur
Staatseinkommensteuer veranlagt ist, wird nach dem Pr.
vom 29. Juni 1893 mit 3 M. zum Ansatze gebracht.
In jeder Gemeinde (vgl. KglV. vom 30. Mai 1849 8 15)
ist jedesmal ein Verzeichnis der stimmberechtigten Urwähler
(Urwählerliste) aufzustellen, in welchem bei jedem ein-
zelnen Namen der Steuerbetrag angegeben wird, den der Ur-
wähler in der Gemeinde bzw. dem aus mehreren Gemeinden
zusammengesetzten Urwahlbezirke zu entrichten hat. Dies Ver-
zeichnis ist drei Tage lang öffentlich auszulegen, und daß dieses
geschehen, in ortsüblicher Weise bekannt zu machen. Jeder,