Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

582 § 75. Der Landtag. 
schließ ung eines Abgeordneten von der Sitzung; nach der 
GeschO. des Reichstags (8 60) ist solche durch den Präsidenten 
im Falle gröblicher Ordnungsverletzung zwar zulässig; leistet 
der Ausgeschlossene der Aufforderung zum Verlassen des Saales. 
keine Folge, so hat der Präsident nach § 61 (Aussetzung der 
Sitzung) zu verfahren. Dagegen trifft nach § 64 der Gesch O. 
des Abgeordnetenhauses (Fassung vom 6. Mai 1910, sog. „Haus- 
knechtsparagraph“) der Präsident die erforderlichen Maßnah- 
men, um die Ausschließung durchzuführen; er kann insbeson- 
dere den ausgeschlossenen Abgeordneten aus dem Sitzungssaal 
entfernen lassen (gegebenenfalls auch durch die Polizei, da der 
Ausgeschlossene durch sein Verweilen trotz Aufforderung des 
Präsidenten zum Verlassen des Saales Hausfriedensbruch be- 
geht). Die Gültigkeit des aus Anlaß des Falles Borchardt 1912 viel 
erörterten § 64 (ovgl. DJZ. 12 649, Recht 12 302) ist auch 
vom Reichsgericht anerkannt worden (DJZ. 13 856). 
k. Die persönliche Stellung der Land- 
tagsmitglieder. 
1. Die Mitglieder der beiden Kammern leisten 
dem Könige den Eid der Treue und des Gehorsams und 
beschwören die gewissenhafte Beobachtung der Verfas- 
sung (Art. 108, über die Folgen der Eidesweigerung 
s. oben S. 554). Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, 
stimmen nach ihrer freien Überzeugung und sind an Auf- 
träge und Instruktionen nicht gebunden (Art. 83). (Un- 
mittelbare und mittelbare Staats-) Beamte bedürfen keines 
Urlaubs zum Eintritt in den Landtag. 
Ob sie im Fall einer Vertagung zur Übernahme ihres 
Amtes verpflichtet sind, ist streitig, aber zu verneinen. 
Reichs beamte kann das preußische Staatsrecht vom Erforder- 
nisse des Urlaubs für den Landtag nicht befreien (vgl. RBG. 
§ 141); auch die Regelung der Stellvertretungskosten der 
Reichsbeamten (RBG. 8 14 II) gilt nicht für dem Landtag 
angehörige Reichsbeamte (vgl. oben S. 258). 
2. Nimmt ein Abgeordneter ein besoldetes Staats- 
amt an, oder tritt er im Staatsdienst in ein Amt, mit 
welchem ein höherer Rang oder ein höheres Gehalt ver- 
bunden ist, so verliert er sein Mandat (Art. 78 II, III, 
wie beim Reichstage S. 258). 
3. Die Abgeordneten erhalten gemäß einem auf 
Grund von Pr Vl. Art. 85 ergangenen Gesetze vom 24. 
Juli 1876 Reisekosten und täglich 15 M. Diäten, auf 
welche nicht verzichtet werden kann, während die Herren- 
hausmitglieder (früher auch die Reichstagsabgeordneten,
	        
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