§ 75. Der Landtag. 583
S. 257) keine Entschädigung, wohl aber freie Eisenbahn=
fahrt erhalten.
Inhaber von „Doppelmandaten“ (zum Reirhstag und Ab-
geordnetenhause vgl. S. 575) dürfen bei gleichzeitiger Versamm-
lung beider Körperschaften als Mitglieder des Abgeordneten-
hauses nur für diejenigen Tage Vergütung beziehen, für welche
ihnen nach dem RG. vom 21. Mai 1906 (S. 257) wegen Fern-
bleibens von Reichstagsplenarsitzungen die reichsgesetzliche Ent-
schädigung gekürzt bzw. kein reichsgesetzliches Tagegeld gezahlt
wird (§ 6 a. a. O.).
4. Ahnlich wie für Bundesrat und Reichstag ist die
Inkompatibilität bezüglich der Mitgliedschaft in
beiden Häusern (Art. 78 Abs. 4) ausgesprochen; auch ist
den Landtagsmitgliedern durch Pr V. Art. 84 und
St GBB. § 11 die Immunität bezüglich ihrer Abstim-
mung und ihrer berufsmäßigen Außerungen gewahrt.
Endlich sind sie gegen Strafverfolgung und Verhaftung
wie die Reichstagsabgeordneten geschützt (S. 256).
Ein Zeugnisverweigerungsrecht haben sie ebensowenig wie
diese; auch sie können aber während der Sitzungsperiode, so-
lange sie sich in Berlin aufhalten, nur hier vernommen werden,
sofern die Kammer nicht ihre Vernehmung außerhalb genehmigt
(3PO. 88 382, 402; St PO. 8§8§ 49, 72; S. 257). Wegen ihrer
Befugnis, das Schöffen= und Geschworenenamt abzulehnen, val.
GVG. 88 35, 85 II.
In der Konfliktszeit (S. 517) hat das Obertribunal den
Art. 84 in einer Plenarentscheidung der Strafsenate vom 29. Ja-
nuar 1866 dahin ausgelegt, daß die Unverantwortlichkeit für
die in der Kammer „ausgesprochenen Meinungen“ sich nicht
auf die Behauptung und Verbreitung unwahrer, insbesondere
verleumderischer Tatsachen erstrecke, sondern sich nur auf
Außerungen beziehe, welche sich als Ergebnisse des Denkvermö-
gens darstellen. Dieses von dem Abgeordnetenhaus als ver-
fassungswidrig bezeichnete Urteil hat dahin geführt, in NM.
Art. 30 (für den Reichstag) und StEB. § 11 (für die Landes-
vertretungen) an Stelle des Wortes „Meinungen“ den um-
fassenden Ausdruck „Außerung"“ zu wählen. Die geringe Wider-
standsfähigkeit, welche das Obertribunal damals der Regierung
gegenüber gezeigt haben soll, hat wesentlich dazu beigetragen, daß
das Reichsgericht nicht nach Berlin, sondern nach Leipzig ge-
kommen ist. Auch hat der zum Teil durch Hilfsrichter durch-
gebrachte Beschluß zur reichsgesetzlichen Regelung des Hilfs-
richterwesens (vgl. Z# 1 § 9 d) und zum Verbote der Zuziehung
von Hilfsrichtern beim Reichsgerichte (IJ# I 8 204a 2) geführt.
Im März 1914 ist gelegentlich der Verhaftung eines
bayerischen Landtagsabgeordneten in Mannheim („Fall Abresch“)
zweifelhaft geworden, ob die in einem Bundesstaate für Land-