48 § 7. Die Rechtfertigung des Staates.
sten zustehende Staatsgewalt beruhe auf seinem Ober-
eigentum am Staatsland (dominium terrae).
Diese Theorie fand ihre Stütze in den deutschrechtlichen An-
schauungen des Mittelalters. Nach der dieses beherrschenden
feudalen Auffassung ist die Landeshoheit (superioritas territorialis)
die Folge der Grundherrschaft, ein mit dieser verbundenes ding-
liches Recht. Die Patrimonialtheorie wurde wissenschaftlich be-
gründet von Biener (De natura et indole dominüi in territoriis
Germaniae, 1780) und von Karl Ludwig von Haller (1768
bis 1854, Restauration der Staatswissenschaften), ist aber heute
als jeder historischen und logischen Grundlage entbehrend all-
seitig ustgee
Die Vertragstheorie
füyrt. die Entstehung des Staates und das Bestehen einer
Staatsgewalt auf einen Vertrag der Staatsgenossen zurück.
Im Naturzustande hätten die Menschen ohne gegen-
seitige Heemmung allein ihren Trieben folgend gelebt.
Dadurch hätte ein fortwährender Kriegszustand bestan-
den (bellum omnium contra omnes), der jede Sicherheit
des Lebensgenusses und jede Entwicklung gehindert habe.
Daher habe der Selbsterhaltungstrieb (philautia), die
Furcht und der Geselligkeitstrieb (socialitas) die Men-
schen zu der Einsicht gebracht, daß der anarchische Zustand.
(status naturalis) durch einen geordneten (status civilis)
im Wege der Uebereinkunft ersetzt werden müsse. Diese
sei die causa proxima, die Triebe seien die causa remota
der Staatenbildung.
a. Die Rechtfertigung des Staates aus einem Ver-
trage findet sich schon bei Plato (427—347 v. Chr.) und.
den Epikuräern. Auch aus der Bibel lassen sich An-
schauungen über eine vertragsmäßige Begründung des.
Staates und der Staatsgewalt anführen (Bund Gottes.
mit Josua, Einsetzung Sauls als König, Bund Davids
mit den Stämmen Israels zu Hebron). Ihre eigentliche
Ausbildung hat die Vertragstheorie aber durch die na-
turrechtliche Schule erhalten, außer durch Hugo
Grotius (1583—1645) vor allem durch Thomas.
Hobbes (1588—1679, „De cive“, 1642; „Leviathan —
d. h. der Staat, als das alle andern Gewalten verzehrende-
Tier — or the matter, form and authority of govern-
ment, 1651), Jean Jacques Rousseau (1712 bis
, „Contrat social ou Principes du droit politique“,