Full text: Das öffentliche Recht des Deutschen Reichs. I. Teil. Lehrbuch des Staats- und Verwaltungsrechts. (1)

706 884. Finanzwirtschaft der KRommunen u. Kommunalverbände. 
das Kreis-und Provinzialabgabengesetz vom 
23. April 1906 geregelt (Komm. v. Freund, 07). 
a. Nach diesem Gesetze sind die Kreise und Provinzen 
berechtigt, zur Deckung ihrer Ausgaben Gebühren und Beiträge, 
indirekte (letztere jedoch den Provinzen verschlossen) und direkte 
Steuern nach Maßgabe des Gesetzes zu erheben. Steuern 
dürfen jedoch nur insofern erhoben werden, als die sonstigen 
Einnahmen, insbesondere aus dem Kreis= bzw. Provinzialbver- 
mögen, aus Gebühren, Beiträgen und öffentlichen zur Deckung 
der Ausgaben insbesondere vom Staat überwiesenen Mitteln 
nicht ausreichen. Die Kreise dürfen anderseits durch birekte 
Steuern nur den Bedarf aufbringen, der nach Abzug des 
Aufkommens der indirekten Steuern (Umsatz-, Schanker-. 
laubnis-, Hundesteuer, § 6) von dem gesamten Steuer- 
bedarf verbleibt (§8 1, 2, 21, 22). Verwaltungsgebühren 
kennt das Gesetz, abweichend vom K2#., nicht (vgl. 88 4, 24). 
Die direkten Kreissteuern sind von den einzelnen 
Gemeinden und Gutsbezirken, die Provinzialsteuern von 
den einzelnen Land -und Stadtkreisen nach dem Einkommensteuer- 
soll und dem Soll der vom Staate veranlagten Reälsteuern, ein- 
schließlich der Betriebssteuer, aufzubringen (88 7, 25). 
Das Kreissteuer soll wird vom Kreistag, das Pro- 
viuzialsteuersoll vom Provinziallandtage festgestellt. Die 
Verteilung der Kreissteuern auf die Gemeinden und Guts- 
bezirke erfolgt durch den Kreistag, die Verteilung der Provinzial- 
steuern auf die Stadt= und Landkreise durch den Provinzialaus- 
schuß (88 11, 28). Die Gemeinden haben den bei der „Ober- 
verteilung“ auf sie entfallenden Teil des Kreissteuerbedarfs gleich 
den übrigen Gemeindeausgaben aufzubringen; für die Gutsbezirke 
erfolgt die „Unterverteilung“ auf die einzelnen Steuerpflichtigen 
durch den Kreisausschuß (88 12, 13). 
Gegen die (Ober-,Verteilung der Kreissteuern steht 
den Gemeinden und Gutsbezirken binnen einer Frist von 4 
Wochen der Einspruch an den Kreisausschuß, gegen dessen 
Beschluß binnen 2 Wochen die Klage beim Bezirksausschusse zu. 
Gegen die Entscheidung des Bezirksausschusses ist endlich das 
Rechtsmittel der Revision beim Oberverwaltungsgerichte 
zulässig (8§ 11 Abs. 3, 4). Gegen die (Ober-Verteilung 
der Provinzialsteuern steht den Land= und Stadt- 
kreisen binnen 4 Wochen der Einspruch an den Provinzial- 
ausschuß zu, gegen dessen Beschluß binnen 2 Wochen die Klage 
bei dem Oberverwaltungsgerichte stattfindet (§ 28 Abs. 3, 4). 
— Besondere Bestimmungen gelten für Hessen-Nassau und Hohen- 
zollern (vgl. 88 30. 34). 
b. Das Reichsbesteuerungsgesetz (oben a, b) gilt auch gegen- 
über den weiteren Kommunalverbänden. 
d. Reform der Kommunalfinanzen. 
Das Sinken des Geldwerts, die Verschärfung der Anforde- 
rungen an die Kommunen sowie reichsrechtliche Einschränkungen
	        
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