8 8. Der Zweck des Staates. 57
der Finanzwirtschaft und erwaltung, d. h.
der Beschaffung der Mittel für die Erhaltung des Staates
und die Erfüllung seiner Aufgaben;
der Staatsorganisation (Staatsverfassung,
Staatsbehörden).
b. Die Rechtspflege, mit den Unterabteilungen:
der Gesetzgebung (d. h. der Feststellung der
Rechtsnormen);:
der Justizverwaltung (d. h. der Maßnahmen
zur Aufrechterhaltung der Rechtsordnung und zur Durch-
führung der Rechtsnormen).
c. Die Wohlfahrtspflege, mit den Unter-
abteilungen:
der Wirtschaftspflege: Förderung der mate-
riellen Wohlfahrt der Untertanen, z. B. Zoll-, Beförde-
rungs-, Gewerbe-, Handels-, Armen= und Steuerwesen;
der Kulturpflege: Förderung der Wohlfahrt der
Untertanen in physischer (Hygiene, Arbeiterschutzgesetz-
gebung), sittlicher und geistiger Beziehung (Schu-
len, Kirchen).
Cc0. Der Staatszweck in der geschichtlichen
Entwicklung.
1. Die griechische Anschauung geht davon aus,
daß die Menschen des Staates wegen da sind.
Darauf beruht der berühmte Ausspruch des Aristoteles
(S. 38), daß der Staat älter sei, als seine Glieder. Der
Zweck des Staates ist seine Wohlfahrt, nicht die der
Untertanen. Diese haben sich in allen Beziehungen,
öffentlichen und privaten, den Interessen des Staates
unterzuordnen. Die Staatsgewalt ist unbeschränkt.
Auch die römische Auffassung geht von der Unbe-
schränktheit der Staatsgewalt aus, aber nur für das
öffentliche, nicht für das Privatrecht, das den Eingriffen
der Staatsgewalt entzogen sein soll.
2. Die Germanen haben dem Staate diese Gewalt
niemals eingeräumt. Ihre Staatsauffassung betont das
Individual-, nicht, wie die antike das Sozial-
prinzip: der einzelne ist grundsätzlich frei; seine Frei-
heit wird durch den Staat nur so weit eingeengt, wie