8 9. Entstehung und Untergang der Staaten. 61
worden, hat aber nicht etwa den Sinn, daß eine im
Wege gewaltsamer Losreißung (Eroberung, Revolution)
gebildete, die Staatselemente aufweisende Gebietskörper-
schaft wegen dieser Neugestaltung der bisher bestehenden
Staatsordnung in Widerspruch mit den bisherigen Ge-
walthabern nicht als Staat zu betrachten sei.
c. Bedeutungslos für die Frage der Entstehung eines
Staates ist endlich dessen Anerkennung durch die
übrigen Staaten. Nicht durch diese, sondern durch die
Vereinigung der wesentlichen drei Elemente wird der
Staat geschaffen; die Anerkennung gibt nur die Gewähr
des völkerrechtlichen Verkehrs mit den anerkannten
Staaten.
b. Untergang der Staaten.
Der Staat geht unter, wenn eines der drei für seinen
Begriff wesentlichen Elemente fortfällt, also das Staats-
gebiet (z. B. eine Insel durch dauernde Ueberschwem-
mung) untergeht, das Staatsvolk (durch Aussterben,
Auswanderung, zwangsweise Fortführung — z. B. Weg-
führung des Stammes Juda in die babylonische Gefan-
genschaft durch Nebukadnezar, 586 v. Chr. —) vernichtet
wird oder — was in der neueren Geschichte allein in
Betracht kommt — die Staatsgewalt aufhört. Dies
kann geschehen durch einen rein tatsächlichen Akt (Auf-
lösung des Deutschen Reichs, 1806) oder infolge krie-
gerischer Ereignisse (Annexion von Hannover, Kurhessen,
der Freien Stadt Frankfurt durch Preußen, 1866) oder
durch einen Rechtsakt, nämlich vertragsmäßige Verschmel-
zung, so beim Eintritt der Hohenzollernschen Fürsten-
tümer (Vertrag vom 7. Dezember 1849, PrEG. vom 12.
März 1850) und des Herzogtums Lauenburg (Lauen-
burgisches und Preußisches Gesetz von 1876) in die preu-
ßische Monarchie.
c. Erwerb und Verlust von Staatsgebiet.
1. Ein Staat bleibt als solcher bestehen, auch
wenn er durch Neuerwerb sich vergrößert oder durch Ge-
bietsverlust sich verkleinert.
Nach manchen Verfassungen, so nach der Pr Vu. Art. 2,
bedarf es zur Veränderung der Grenzen des Staatsgebiets eines
Gesetzes, sowohl zur Aufgabe als zum Erwerbe. Solange ein