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fremder Staat könnte sich also das im Hcoheitsgebiet eines
Staates durch Akzession entstandene Land nicht aneignen,
ohne die bereits bestehende Gebietshoheit dieses Staates zu
verletzen.2:) «
Diesen beiden ursprünglichen Erwerbstiteln steht als
einziger abgeleiteter oder derivativer Erwerbsgrund
der Gebietshoheit die Zession gegenüber. Durch Zession
erwirbt ein Staat die Gebietshoheit über ein bisher der Hoheit
eines anderen Staates unterworfenes Gebiet vermittelst eines
auf diese Gebietsübertragung gerichteten völkerrechtlichen
Vertrags. Es liegt ein zweiseitiges völkerrechtliches Rechts-
geschäft vor, bei dem der Wille des einen Kontrahenten, des
Zedenten, darauf gerichtet ist, sich seiner Hoheitsrechte über
ein bestimmtes Gebiet zu gunsten des andern, des Zessionars,
zu entäussern, während dieser dasselbe Gebiet erwerben, d. h.
Seiner Staatshoheit unterwerfen will.
Da der erwerbende Staat sein Recht lediglich auf den
meeres weiter binausgeschoben wird. Das neu erworbene Gebiet ist
aber dann strenggenommen nicht das neugebildete Küstenland, sondern
das zu der bisherigen Erstreckung der Küstenzone hinzutretende Stück
des frrien Meeres.
Diese durch Neubildungen bewirkte weitere Hinausschiebung der
Neutralitätszone war es, worum es sich in dem oben angeführten Falle
der Anna, eines in den Gewässern vor der Mississippimündung von einem
englischen Kaper aufgebrachten Schiffes, handelte.
1) Dies ist für das Völkerrecht die prinzipielle Grundlage des
Gebietserwerbs durch Akzession. Es ist daher nicht richtig, wenn Travers
Twiss denselben auf eine Art völkerrechtlichen Nachbarrechts, die
vicinitas, zurückführt und die einzelnen Fälle unter dem besonderen
Rechtstitel der „Contiguity“ zusammenfasst (I. 8 131 p. 214 „Right of
Contignity“).