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hand gewannen, wurden die Sachsen erschlagen und das Land bis in unsere Zeit
hinein von den Slawen besessen. Jetzt aber sind, weil Gott unserem Herzoge und
den anderen Fürsten Heil und Sieg in reichem Maße spendete, die Slawen aller
Orten vernichtet und verjagt.
55.
Die ronkalischen Beschlüsse.
1168.
Quelle: Rahewin, Die Taten Friedrichs (Lateinisch)). IV, 6—9.
Übersetzung: Horst Kohl, Rahewins Fortsetzung der Taten Friedrichs von Bischof Otto von Freising.
Leipzig 1894. (Gesch. d. d. V. 2. Ausg. Bd. 60.) S. 94—96.
6. An den folgenden Tagen?) war der Kaiser vom frühen Morgen bis zum
Abend vor dem reichbesuchten und feierlichen Reichstage mit Gericht und Ge-
rechtigkeit beschäftigt und hörte achtsam auf die Klagen und Appellationen sowohl
der Reichen, als auch der Armen. Er hatte bei sich vier Richter, nämlich Bulgarus,
Martinus, Jakobus und Hugo, redegewandte, fromme und gesetzeskundige Männer,
Doktoren der Rechte in der Stadt Bologna und Lehrer vieler Zuhörer; mit ihnen
und anderen rechtskundigen Männern, welche der eine aus dieser, der andere aus
jener Stadt anwesend waren, hörte, beriet und entschied er die Geschäfte
7. Als der Kaiser darauf über die Gerechtsame des Reiches und über die
Regalien), welche schon seit langer Zeit entweder durch die Frechheit der Usur-
patoren oder durch die Nachlässigkeit der Könige dem Reiche verloren gegangen
waren, eingehende Untersuchungen anstellte, gaben sowohl die Bischöfe, als die
Großen und Städte, da sie keinen Entschuldigungsgrund zu ihrer Rechtfertigung
vorbringen konnten, einstimmig und einmütig die Regalien in die Hand des
Fürsten zurück, und die ersten von denen, welche Verzicht leisteten, waren die
Mailänder. Und befragt, worin dies Recht bestände, sprachen sie ihm zu: Herzog-
tümer, Markgrafschaften, Grafschaften, Konsulate, Münzen, Zölle, Fodrum),
Mauten, Häfen, Geleite, Mühlen, Fischteiche, Brücken und alle Nutzung vom
Flußlaufe und die Zahlung eines jährlichen Zinses nicht nur vom Grund und
Boden, sondern auch von ihren eigenen Köpfen.
8. Als alles dies dem Fiskus zugesprochen worden war, zeigte der Kaiser
gegen die früheren Besitzer so großen Edelsinn, daß, wer durch gesetzmäßige Ur-
kunden nachzuweisen vermochte, daß er etwas von diesen Regalien auf Grund der
Schenkung von Königen besitze, dasselbe auch fernerhin durch kaiserliche Belehnung
1) Der Notar Rahewin war ein treuer Begleiter des Bischofs Otto von Freising, des
Oheims Barbarossas, und hat mit seinem Gönner an allen großen Ereignissen unter dem
jungen Kaiser teilgenommen. Sterbend überreichte Otto dem Freunde die Handschrift
seiner bis 1156 reichenden Geschichte der Taten Barbarossas. Dieses Werk hat Mashat
bis zum Jahre 1160 in musterhafter Weise fortgesetzt.
:) Der Reichstag wurde am 11. November 1158 eröffnet.
2) Der junge Kaiser wollte Herr und Gebieter sein, wie Karl der Große und Otto
der Große es gewesen waren. Hatte Otto besonders aus der geistlichen Seite seines Kaiser-
tums dem Königtum in Deutschland neue Machtmittel gewonnen, so benutzte er die kaiser-
liche Würde zur Stärkung seiner Stellung, indem er sich als Rechtsnachfolger der alten
Imperatoren hinstellte und sich auf Grund des damals zu neuer Wirksamkeit erwachenden
und in Bologna besonders studierten römischen Rechtes die zahlreichen Rechte und Ein-
künfte zusprechen ließ, die jene einst inne gehabt hatten.
!) Das Fodrum ist eine ihrem Sinne nach viel umstrittene Steuer in Italien.
W. u. O. Heinze-Kingborst, Quellenlesebuch I. 7