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und im Namen des Reiches besitzen sollte. Von denen aber, welche unberechtigt
und bloß aus Anmaßung der Regalien sich bemächtigt hatten, flossen den Staats—
einkünften jährlich ungefähr 30 000 Talente 1) zu.
9. Außerdem wurde ihm auch von allen das Recht zugestanden und zuerkannt,
in den einzelnen Städten die Podesta), Konsuln und anderen Obrigkeiten mit
Zustimmung des Volkes selbst zu wählen, und zwar Männer zu ernennen, welche
treu zugleich und klug dem Fürsten seine Ehre, den Bürgern und dem Vater-
lande die gebührenden Gerechtsame zu wahren verständen.
56.
Die Zerstörung Mailands.
1162.
Quelle: Die Kölner Königschronik (Lateinisch)s). Zu 1162.
lbersetzung: Dr. Karl Platner, Die großen Kölnischen Jahrbücher. Berlin 1867.
(Gesch. d. d. V. 13. Jahrh. 3. Bd.) S. 68l.—72.
1162. Mailand wurde unterworfen und zerstört. Wie dies geschah, ist kurz zu
berichten. Als infolge des Winters die Straßen unzugänglich waren und die Mai-
länder sich schon stark einschränken mußten, suchten sie die Gemüter der Fürsten
mit schlauen Vorschlägen zu gewinnen, um sie auf irgendeine Art, als sei schon
alles erreicht, sicher zu machen und selbst unterdessen aus Brescia oder Piacenza
mit vereinten Kräften Zufuhr zu holen. Sie richteten jedoch nichts aus und kamen
sowohl an Mut als an Kräften sehr herunter. Nach vielen Fristen und sehr vielen
Ränken, von der äußersten Hungersnot und Entbehrung gezwungen ergaben
sie sich auf Gnade und Ungnade. — Am ersten Tage des Monats März erschienen
demnach die Konsuln der Mailänder mit anderen Edlen, gegen zwanzig an der
Zahl, kniend, mit bloßen Schwertern auf dem Nacken, öffentlich vor dem ganzen
Hofe, ergaben ohne jegliche Hinterlist, durch welche sie bei der ersten Unter-
werfung den Kaiser getäuscht hatten, und ohne jede Verzögerung oder Bedingung
sich und ihre Stadt mit Sachen und Personen ihrem Herrn, dem Kaiser, und
leisteten die Eide, die ihnen vorgeschrieben wurden, für sich und für alle übrigen
Mailänder. Wiederum am darauffolgenden Sonntag, an welchem passend ge-
sungen wurde: „Gedenke deiner Milde, o Herr!“ (Reminiscere) kamen mehr denn
dreihundert ganz auserlesene Ritter der Mailänder mit den erwähnten Konsuln,
sielen vor dem Kaiser, der auf seinem Throne saß, nieder, flehten in ebenso
schöner, wie klagender Rede nur um sein Erbarmen, übergaben die Schlüssel der
Stadt und von allen Toren und Abteilungen die Hauptfahnen, deren sechs-
unddreißig an der Zahl waren, und leisteten selbst die gleichen Eide wie die Kon-
suln. Hierauf am Dienstag kam das Volk mit dem Carrocium, was bei uns
Standarte genannt wird, und mit der übrigen Ritterschar und überbrachte die
1) d. s. etwa 16 Millionen Mark.
2) Die Podestä waren Männer von unzweifelhafter Gesinnung, die als Stellvertreter
des Kaisers die Oberaufsicht über die städtische Verwaltung führten. #
*:) Die Kölner Königschronik, auch wohl die größten Kölner Jahrbücher genannt, ist
eins der wichtigsten Annalenwerke; sie bringt neben Ortsnachrichten auch Reichsgeschichte
von größerem Umfange. Zum Jahre 1162 ist ein Brief des Notars Buchard an den Abt
Nikolaus von Siegburg eingefügt. In diesem Briefe schildert der Schreiber, der Augen-
zeuge des denkwürdigen Ereignisses war, die Zerstörung Mailands in ausführlichster Weise.