Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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und Gras und wegen des außergewöhnlichen Aufenthalts unersetzlichen Verlust 
an Rossen erlitten hatten, dorthin, wo der Mäander entspringt, und obwohl noch 
die Boten des Sultans und seine Söhne bei uns waren, die dem Herrn Kaiser 
große Geschenke gebracht und unter festem Treuversprechen uns den Frieden auf 
das unverbrüchlichste zu halten gelobt hatten:), so trafen wir doch hier auf Türken 
in großer Anzahl, die zu unserm Verderben ausgesandt und in Schlachtordnung 
gegen uns aufgestellt worden waren. Doch unter Gottes Schutz und unter der 
Führung der heiligen Kreuzesfahne haben wir sie im Morgengrauen an einem 
Montage, dem ersten Tage der Rogationen, mit der Schärfe unseres Schwertes 
geschlagen und ein großes Blutbad unter ihnen angerichtet. Noch an demselben 
Tage durchschritten wir die Pässe und Engen des Gebirges in der Richtung auf 
Sozop. In dieser Gegend haben wir am Vorabende vor Himmelfahrt in einem 
Engpasse wieder eine ungeheure Menge von Türken erschlagen. Und da wir den 
Mangel an Rossen schwer empfanden, die verwundet und getötet worden waren, 
und wegen der Kälte weder Saaten noch Kräuter fanden, so bogen wir, weil 
wir schon Hunger litten und von den Gesandten des Sultans keinen Rat er- 
hielten, von der Königsstraße, auf der Kaiser Emanuel zu reisen pflegte, not- 
gedrungen zur Linken ab, weil sie öde und gen Ikonium sehr lang und ganz von 
Bergen eingeschlossen war. 
Am Tage der Himmelfahrt besetzten wir die Gipfel der Berge, zwischen denen 
hindurch uns der Weg führte, und stiegen alsdann durch das wilde Bergland und 
auf einem überaus engen Wege wider aller Menschen Erwarten unter den größten 
Schwierigkeiten und mit großem Verlust an Menschenleben und Gepäck noch an 
demselben Tage in die Ebene von Philomelium hinunter. Es hatten nämlich die 
Türken von allen Seiten wie im Kreise unser Heer umringt und angegriffen. 
Zwar war der Herzog von Schwabenao) mit dem Herzog von Meran und dem 
Markgrafen von Baden und anderen Edlen und einer Schar Bogenschützen im 
Rücken geblieben, um die Voranziehenden zu decken, die zugleich mit den voraus- 
gesandten Rossen zu Fuß hinabsteigen sollten; aber die Türken griffen so nach- 
drücklich mit Pfeilen, Schleudern und Steinen an, daß die Unfrigen voneinander 
getrennt wurden und dadurch in große Gefahr gerieten. Der Herzog von Schwaben 
selbst wurde verletzt. Wie viele Ritter aber auch von den Unsrigen verwundet 
wurden, so fiel doch nur ein einziger. Doch gingen viele Saumrosse mit Geld, 
Gewändern und Gefäßen verloren. Von den Türken wurden viele erschlagen; 
jedoch wuchsen ihre Streitkräfte von Tag zu Tag in unglaublicher Weise. Alsbald 
griffen sie den Herzog von Schwaben mit seinem Heer im Rücken an, während 
wir den Herzog von Philomelium mit seinem Kriegsvolk und den Herzog von 
Ferma mit seinen Scharen uns gegenüber hatten und eine andere unzählige 
Menge. Als diese alle vereinigt waren, mußten wir alle folgenden Tage vom 
frühen Morgen bis zum Abend kämpfen, und immer legte Gott den Sieg in 
unsere Hände; doch verloren wir dabei viele Verwundete; auch wurden uns viele 
Pferde getötet. Am Sonntag nach dem Himmelfahrtstage stürzte der Minne- 
1) Der Großsultan von Ikonium hatte bereits vor dem Auszuge seine Söhne und 
Gesandten an den Kaiser geschickt; diese waren von dem oströmischen Kaiser treulos ge- 
fangen genommen; beim Durchmarsch durch sein Land hatte Barbarossa ihn zur Frei- 
lassung der Gefangenen gezwungen. 
2) Der Herzog von Schwaben war der Kaisersohn Friedrich, der nach des Vaters 
Tode das Kreuzheer weiterzuführen versuchte, selbst aber vor Akko starb. 
 
	        
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