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sänger Friedrich von Hausen bei der Verfolgung der Gegner vom Rosse, brach das
Genick und fand so den Tod. Tags darauf schlugen wir unsere Zelte bei Philo-
melium auf. Hier griffen gegen Abend die Türken unser Lager an. Schon waren
sie dabei, in einigen Zelten den Bewaffneten ihre Habe zu entreißen, als wir sie
in die Flucht trieben. Mehr als 6000 Tote hatten die Türken zu beklagen, und
darunter befanden sich 374'Edle aus dem ganzen Lande. Von den Unsfrigen fiel
niemand; nur wurden uns viele Pferde getötet. Die Berge hallten wider von
dem Jammerrufe der Klagenden, und die Nacht schied uns voneinander.
Bald begann unter uns arge Hungersnot zu herrschen. Wein und Mehl
fehlten ganz, und oft genug habe ich mit den anderen Pferdefleisch essen müssen.
Die Pferde aber erlagen dem Mangel, weil wir weder Getreide, noch Saat und
Gras fanden. Dazu umschlossen uns die Türken so eng bei Tag und Nacht, daß
niemand das Lager zu verlassen vermochte. Am Mittwoch vor Pfingsten töteten
wir wieder eine große Menge unserer Gegner. Nach dem heiligen Pfingstfeste
trafen wir auf Melich, den Sohn des Großsultans, und fanden in Schlachtreihe
gegen uns aufgestellt eine Menge von vierzigtausend türkischen Reitern, die den
Heuschrecken gleich das ganze Land erfüllten. Da erhoben wir wider sie im Namen
Christi die siegreichen Adler vor unserem Heere und fühlten nicht den Hunger und
die Verluste an Verwundeten. Und obwohl wir kaum sechshundert Berittene
waren, so haben wir sie doch unter dem Zeichen des heiligen Kreuzes besiegt und
in die Flucht getriebben
An demselben Tag verfolgten wir Melich, der in der Richtung nach Ikonium
geflohen war, und nach so großem Siegesruhm kamen wir endlich zur Nacht ins
Lager; aber wir fanden keine Erquickung; denn Menschen und Tiere blieben ohne
Speise und Trank, und wir verzweifelten schon an unserem Leben; denn die
Pferde, die noch übrig geblieben waren, waren fast alle dem Hunger und den
Anstrengungen des langen Winters erlegen. Von da brachen wir um die früheste
Morgendämmerung auf, und da wir schon der Stadt Ikonium bis auf eine Meile
uns genähert hatten, so rückten wir weiter vor. Wir fanden endlich Wasser und
blieben dort den ganzen Mittwoch.
Am folgenden Tage lagerten wir uns in der Nähe eines herrlichen, von
Mauern eingeschlossenen Gartens bei Ikonium, wo wir auch zwei überaus
prächtige Pfalzen des Sultans zerstörten. Schon bedrohte die größte Not unser
Leben; der entsetzlichste Hunger peinigte uns; kaum besaßen wir noch fünfhundert
Ritter zu Pferde; weder zum Vorrücken, noch zum Zurückgehen hatten wir die
Möglichkeit. Da gab uns der Zwang der Notwendigkeit selbst einen Rat. Wir
teilten unsere Ritterschaft in zwei Teile und zogen am Freitag nach Pfingsten
geradeswegs zur Eroberung der Stadt. Und wunderbar und unglaublich zu sagen,
durch göttliche Hilfe bezwang der Herzog von Schwaben mit sechs Genossen die
Stadt, und die Schärfe des Schwertes traf ihre Bewohner. Der Herr Kaiser
blieb unterdessen in ihrem Rücken und kämpfte im Felde mit den anderen Türken,
und obwohl es ihrer an 200 000 Reiter waren, besiegte er sie mit dem Beistande
des Höchsten und trieb sie in die Flucht. Nicht unwürdig des Andenkens war diese
Tat; denn die Stadt Ikonium gleicht an Größe Köln. Hier rasteten wir, nachdem
wir Beute genommen hatten, von Freitag bis Mittwoch. Alsdann gab uns der
Sultan, der sich mit den Seinen in ein Lager zurückgezogen hatte, von Todes-
furcht geängstigt, zwanzig Geiseln nach unserer Wahl, die wir auch heute noch ge-
fangen halten, weil er die versprochene Treue nicht bewahrt hat.