Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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14. Das Geleite!) der Fürsten durch ihr Land, welches sie von uns zum 
Lehen tragen, wollen wir selbst nicht durch uns oder die Unserigen hindern, noch 
auch wollen wir dulden, daß es gebrochen werde. 
16. In unseren Städten soll kein dem Lande schädlicher, vom Richter ver- 
urteilter oder gebannter Mann wissentlich Aufnahme finden. Wer ausgenommen 
und überführt worden ist, soll ausgetrieben werden. 
17. Keine neue Münze werden wir in eines anderen Fürsten Land schlagen 
lassen, durch welche die Münze desselben Fürsten im Werte verlieren könnte. 
18. Unsere Städte sollen ihre Gerichtsbarkeit nicht über den Umfang der 
Stadt hinaus ausdehnen, außer wenn ihnen eine besondere Gerichtsbarkeit zusteht. 
19. In unseren Städten soll der Kläger dem Gerichtssitze des Beklagten 
folgen) 
20. Niemand soll Güter, mit denen einer belehnt ist, ohne Einwilligung und 
ohne aus der Hand des Oberherrn zum Pfande nehmens). 
21. Zu den Arbeiten der Stadt soll niemand gezwungen werden, außer wenn 
er von Rechts wegen dazu verpflichtet ist. 
22. Vogtleute, welche in unseren Städten wohnen, sollen die gewohnten und 
schuldigen Abgaben von Gütern außerhalb der Stadt ihren Herren und Vögten 
leisten und nicht beschwert werden mit ungebührlichen Lasten. 
23. Eigenleute, Vogtleute, Lehensleute, welche zu ihren Herren gehen wollen, 
sollen durch unsere Beamten nicht zum Bleiben genötigt werden. 
Zum Gedächtnis und zur Befestigung dieser unserer Gewährung und Be- 
stätigung haben wir gegenwärtige Urkunde mit der goldenen Bulle, in welcher 
unserer Majestät Siegel eingedrückt ist, verwahren lassen. · 
63. 
Das Landfriedensgebot Kaiser Friedrichs II. 
1235. 
Quelle: Das Mainzer Reichsgesetz vom 15. August 12354). 2. 
Übertragung aus dem Abdruck einer spätmhd. Fassung bei Lehmann a. a. O. S. 103. 
2. Wir setzen fest und gebieten, daß niemand, in welcher Sache ihm auch 
Schaden zugefügt sei, sich deswegen anders räche, als dadurch, daß er bei seinem 
Richter Klage führe und den Rechtsweg bis zum Endurteil verfolge; es sei denn, 
daß er sich aus Not seines Lebens und seines Gutes wehren muß. Wer sich selbst 
Recht verschafft, ohne zu klagen, der soll seinem Widersacher den Schaden, den er 
1) In jenen unruhigen Zeiten konnte der Reisende des bewaffneten Geleites nicht 
entbehren. Dieses Schutzgeleit — natürlich gegen Bezahlung — zu stellen, war altes 
Königsrecht. Friedrich überließ jetzt dies Regal für ihr Gebiet an die Landesherren. 
2) Der außerhalb der Stadt wohnende Angeklagte brauchte sich also nicht mehr dem 
Stadtgericht zu stellen, sondern konnte nur an seinem Gerichtsstand (d. i. dem landes- 
herrlichen) belangt werden. 
*) Hierdurch sollte verhindert werden, daß Güter verarmter Adeliger oder Dienst- 
mannen in die Hände reich gewordener Bürger gelangten. 
)) Nach der Niederwerfung seines Sohnes Heinrich hielt Friedrich II. in Mainz einen. 
glänzenden Reichstag ab, wo am 15. August 1235 das berühmte Reichsgesetz erlassen 
wurde. In deutscher Sprache beraten und verkündigt, ist es das älteste Reichsgesetz in 
unserer Sprache. Leider ging die amtliche deutsche Fassung verloren; doch dürfte die hier 
zugrunde gelegte dem ursprünglichen Wortlaut sehr nahe kommen. Es enthält u. a. Be- 
stimmungen über Pfahlbürger, Zoll- und Münzwesen, Geleite und Straßen; wichtig ist 
es aber vor allem als das bedeutendste und berühmteste Landfriedensgesetzt.
	        
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