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Leute in dem Lande geteilt, daß ihrer ein Teil es hielt mit den Söhnen als
mit ihren Herren und rechten Erben des Landes, die anderen hingen dem Vater
an um großer Gaben willen, die er ihnen gab. Des war Thüringen voll Räuberei.
Da gebot der König, daß man die Räuber in dem Lande suchen und ihre Feste
zerbrechen sollte. Also zogen des Königs Leute und Ritterschaft aus und die von
Erfurt mit ihnen mit ihrem Gezeug und zerbrachen und verderbten 66 Burgen
und ummauerte Höfe in den Dörfern und auf den Feldern, und wo sie die
Räuber ergreifen mochten, da hingen sie dieselben und schlugen ihnen das Haupt
ab. Also geschah es, daß sie allum zogen und kamen nach Ilmenau und ergriffen
darin 28 Räuber, die auf der Straße geraubt und gefrevelt hatten, und führten
die nach Erfurt. Und der römische König saß selber über sie zu Gericht, und sie
wurden da von den Seinen zum Tode verurteilt und unter großem Zulauf aus
der Stadt geführt und da enthauptet. Es war aber eine Anzahl Edelleute, die
nahmen sich ihrer Freunde an, daß ihnen erlaubt ward, sie auf dem Kirchhof zu
begraben.
76.
Die Schlacht bei Mühldorf.
1322.
Quelle: Der Streit zu Mühldorf (Mittelhochdeutsch)#.
Übertragung: Erler a. a. O. Bd. 3. S. 336—338.
Da ließ man wissen alle Leute, daß des hohen Fürsten und Königs Albrecht
Sohn, König Friedrich von Rom, da in Zwiespalt erwählet ward, er an einem
Teil und sein Oheim von der Pfalz, König Ludwig 2), an dem anderen Teil von
dem ungetreuen Erzbischof von Mainz 3). Dies war zum Kriege zwischen beiden
der Anfang. Davon verdarb eine große Menge in den oberen Landen, Land und
Leute, Witwen und Waisen; denn mancher Heereszug, stark und groß, geschah
darum von Osterreich und Steier her gegen Bayern hin und Schwaben und nach
dem Rheine. Und es währte dies wohl bis ins sechste Jahre, daß sie oft große
Heerschaft auf das Feld brachten und König Ludwig zu allen Zeiten das Feld
flüchtig räumen mußte und Johann von Lützelburg, der König von Böhmen, der
sein Helfer war, mit ihm. Darum waren sie so lange im Kriege beidenthalben die
Könige, bis daß der Jahre von Christi Geburt vergangen waren 1322. Des
Erchtages ), am Abende vorm St. Michaelistage, stritten sie miteinander in Bayern
oberhalb Landshut auf der Gickelfehenwiese 5) bei einem kleinen Wasser, welches die
Isen heißt. Dorthin war König Friedrich von Osterreich gekommen mit den
Landherren von Osterreich und von Steier, mit Heiden und Ungarn, die ihm
König Karl von Ungarn, sein Oheim, zu Hilfe geliehen hatte. Er war auch
1) Die Erzählung vom Streit bei Mühldorf rührt von österreichischer Seite her und
bildet vermutlich nur ein Bruchstück eines größeren Berichtes. „Diese kurze, aber gehalt-
reiche und schöne Erzählung eines Gleichzeitigen müßte zu den Perlen der deutschen Ge-
schichtschreibung gerechnet werden, aus welcher Zeit sie auch stammte, ist aber um so
beachtenswerter, da sie zugleich eines der ältesten Denkmale geschichtlicher Prosa in
deutscher Sprache ist.“ (Böhmer, Fontes Rerum Germanicarum Bd. 1. S. 161).
:) Ludwig war nicht der Oheim, sondern der Vetter Friedrichs. Beide waren Enkel
Rudolfs von Habsburg, Ludwig durch die Mutter, Friedrich durch den Vater.
2) Gemeint ist der bekannte Peter von Aspelt (Aichspalter).
4) Erchtag — Dienstag (Er — Ziu). Die Schlacht war also am 28. September 1322.
*) Die bunte Wiese zwischen Mühldorf und Otting.