Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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Die Straßburger hatten sie aber so lieb, daß alle schnell eingeladen waren und 
sich keiner mehr fand, den man hätte einladen können. Sie nahmen kein Almosen; 
wurden sie aber eingeladen, so nahmen sie dies mit Erlaubnis ihrer Meister an, 
wagten aber nicht, wenn sie später von noch Wohlhabenderen geladen wurden, die 
Einladung zu vertauschen. 
Dies (das Geißeln) taten sie zweimal des Tages auf offenen Plätzen und 
jeder heimlich auch einmal in der Nacht. Mit Frauen sprachen sie nicht und 
schliefen auch nicht in Federbetten. Alle hatten vorn und hinten Kreuze auf ihren 
Kleidern und auf dem Hute und hatten ihre Geißeln an den Kleidern hängen; 
in keiner Pfarrei blieben sie länger als eine Nacht. Tausend Straßburger traten 
in tiefer Demut in ihre Bruderschaft und versprachen, den schwäbischen Meistern 
während der vorgenannten Zeit gehorsam zu sein. Keiner wurde ausgenommen, 
wenn er nicht versprach, das oben Angeführte während der bestimmten Anzahl von 
Tagen beobachten zu wollen, und wenn er nicht mindestens vier Denare im Tage 
zu verzehren hatte, damit er nicht betteln mußte; auch mußte er versichern, daß 
er in Zerknirschung gebeichtet, seinen Feinden alles Unrecht vergeben und die Ein- 
willigung seiner Frau erhalten hätte. In Straßburg teilten sie sich; ein Teil zog 
nämlich rheinabwärts, der andere -aufwärts, und die Meister teilten sich ebenso. 
Die Meister untersagten auch den Straßburgern eine zu plötzliche und heftige 
Geißelung. Es strömten ihnen vom Ober= und vom Niederrhein und vom Flach- 
lande eine solche Menge zu, daß sie niemand zu zählen vermochte. Dies war dem 
König Karl, mehreren aus dem Bettelorden und vielen Priestern sehr schmerzlich. 
132. Aufgefordert von dem römischen König Karl, erließ der Papst einen 
Prozeß, durch welchen er die Sekte der Geißler verurteilte, ihre Unterdrückung an- 
ordnete und den Bischöfen befahl, Mönche, welche sie begünstigten, verhaften zu 
lassen, Geißelungen aber, welche im stillen und in guter Absicht zu Hause vor- 
genommen würden, erlaubte. Auch erklärte er in dieser Verordnung, daß vor 
denjenigen, welche die Hände gegen die Juden erhoben hätten, was die christliche 
Barmherzigkeit verbietet, auch andere und rechtschaffene Leute sich zu fürchten 
hätten. 
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Die Vorrechte der Kurfürsten nach der Goldenen Bulle 
vom Jahre 1356. 
Quelle: Die Goldene Bulle vom Jahre 1356 (Lateinisch)!). Kap. 7. 9—12. 25. 
Ülbersetzung aus dem Abdruck des lateinischen Textes bei Dr. H. O. Lehmann a. a. O. S. 182—198. 
Kap. 7. Sukzessionsordnung für die Kurfürstentümer. Es ist gewiß all- 
gemein weit und breit bekannt und gewissermaßen durch den ganzen Erdkreis 
volkskundig feststehend, daß die erlauchten Fürsten, der König von Böhmen und 
auch der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen und der Markgraf 
von Brandenburg, jener kraft seines Königreiches, diese wegen ihrer Fürsten- 
  
1) Dieses wichtige Reichsgesetz, das die Wahl des deutschen Königs gesetzlich regelte 
und den Vorrang der Wahlfürsten begründete, wurde am 10. Januar 1356 auf einem 
Reichstage zu Nürnberg feierlich verkündet. Ergänzungen und weitere Ausführungen, die 
unabweisbar waren, machten neue Beratungen der Fürsten notwendig. Die Veröffent- 
lichung des so entstandenen (mit Kapitel 25 beginnenden) zweiten Teils erfolgte am 
25. Dezember 1356 zu Metz.
	        
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