Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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werden dürfen, sondern vielmehr in ihrer vollkommenen Unversehrtheit ständig 
bleiben sollen. 
Der erstgeborene Sohn möge in allem folgen, ihm allein stehe Recht und 
Herrschaft zu, wenn er nicht etwa kranken oder blöden Geistes oder mit einem 
anderen bekannten und bedenklichen Gebrechen behaftet ist, um dessenwillen er 
über Menschen nicht herrschen darf, noch kann. 
81. 
Graf Eberhard von Württemberg und die Städte. 
1376—1388. 
Quelle: Jakob Twinger von Königshofen, Deutsche Chronik 
(Mittelhochdeutsch)#). 
Übertragung: Erler a. a. O. Bd. 3. S. 409—415. 
Da man zählte das Jahr 1376, da erhob sich ein Streit zwischen Graf Eber- 
hard von Württemberg und den Städten des Reiches in Schwaben, dergestalt, daß 
die von Württemberg gegen die Städte Krieg führten und wiederum die Städte 
gegen die Herren von Württemberg. Und der Krieg währte gegen drei und ein 
halbes Jahre), und es war das Schwabenland also sehr verheert, daß kaum ein 
Dorf war zu beiden Seiten, das nicht verbrannt oder beschatzt worden wäre. 
Sonderlich die von Württemberg taten den Städten des Reiches in Schwaben 
große Ungebühr, Schmach und Schande an. Sie ritten vor die Städte und ver- 
heerten vor den Städten und in den Dörfern, was sie konnten; sie hieben das 
Kraut mit den Schwertern ab; sie pflügten die Wiesen um, die zu den Städten 
gehörten, und das Feld und säeten Senf darein; denn Senf hat die Art: wo er 
einmal gesäet wird, da wächst er immer wieder, so daß man seiner nicht gut ledig 
werden kann. Auch hieben sie ihnen die Reben ab und die Fruchtbäume, und der- 
gleichen Ungebühr und Schaden taten die von Württemberg gar viel. Doch die 
Städte taten nichts anderes, als daß sie das Vieh den Herren nahmen und 
raubten und brannten und die Leute fingen, also wie man im offenen Kriege 
tut. So wurden in diesem Kriege gegen fünfzehnhundert Dörfer verwüstet und 
verbrannt und gegen vierzehnhundert Menschen gefangen und erschlagen zu beiden 
Seiten. 
Dieser Krieg war darum, daß der von Mürttemberg meinte, die Städte 
zögen ihm viele Leute ab, die sie aufnähmen als Ausbürgers), und sie enthielten 
ihm die Stadt Weil vor, die ihm ein Kaiser für seinen Dienst zuvor gegeben 
hätte, wofür er gute Briefe") habe; überdies schädigten ihn die vorgenannten 
Städte an vielen Rechten, die ihm zugehörten. Hingegen meinten dieselben 
Städte, sie hätten gute Freiheit von Kaisern und Königen, daß sie wohl Bürger 
1) Jakob Twinger (eigentlich Fritsche) aus dem Straßburger Vorort Königshofen 
(1346—1420), Verwalter des bischöflichen Archivs zu Straßburg, schrieb eine bis zum 
Jahre 1415 reichende Chronik, die er entsprechend dem bei dem erstarkten Bürgertum 
wachsenden Bedürfnis nach deutschen Geschichtsbüchern in deutscher Sprache abfaßte. Er 
selbst war Augenzeuge jener Kämpfe und Unruhen des ausgehenden 14. Jahrhunderts und 
schildert sie auf Grund eigener Erlebnisse und mündlicher Berichte im ganzen treu und 
wahr. 
1) Genauer etwa zwei Jahre: vom Herbst 1376 bis August 1378. 
2) Ausbürger sind Pfahlbürger; vgl. S. 108. Anm. 7. 
!) Karl IV. hatte die Stadt Weil an Eberhard verpfändet.
	        
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