Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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streuen. Dies übernahm ein Kleinschmied aus dem Meinhardshofe. Das Gerücht 
aber sagte, der Rat hielte die Gildemeister bei den Brüdern fest und wolle sie 
töten. Bald vernahmen die Burmeistert) das Gerücht; sie riefen dem Rate im 
Remter zu, die Gemeinde komme gelaufen und wolle den Rat erschlagen. Trotz- 
dem ging ein jeder nach Hause, um zu essen. An demselben Tage hatten die 
Gilden Morgensprache, und waren Schuster und Gerber auf dem Schuhhofe ver- 
sammelt. Dahin kamen ihre Gildemeister aus der Zusammenkunft bei den Brüdern 
und berichteten ihnen den Handel. 
Dicht bei dem Schuhhofe wohnte in dem Hause zu den Sieben Türmen der 
Bürgermeister Tile vam Damme. Dies Haus griffen die Schuhmacher und Gerber 
an. Hierauf lief ihnen das Volk der Gemeinde zu und steckte das Haus in Brand. 
Da ließ sich Tile in ein Nachbarhaus bringen; denn er hatte das Podagra in den 
Füßen. Hier fand er im geheimen Gemach ein Versteck. Mittlerweile trug man 
sein Eigentum aus dem Hause, riß man seinem Weibe und seinen Kindern die 
Kleider vom Leibe und stieß sie nackt aus dem Hause Die Menge des 
Volkes vor Tile vam Dammes Haus wuchs immer mehr an, und niemand war 
da, der ihr steuerte oder steuern wollte. Ja, es befanden sich unter ihr viele von 
den angesehenen Bürgern, die dem Volke günstig gestimmt waren. Da ergriff 
man auch den Bürgermeister vam Damme und schleppte ihn in den Hagen nach 
dem Hause Ekermanns, welcher am Wassergraben nach der Katharinenpfarre 
hin wohnte. Hier knebelte man ihn an eine Säule fest. Dann stürmten 
sie wieder hinaus wie die tollen Sauen. Die Tore der Stadt aber wurden 
fest geschlossen. So wurden noch mehrere Bürgermeister und die reichen 
Leute aus den Geschlechtern ergriffen. Man warf sie in den Diebeskeller, 
sonderlich den Bürgermeister Ludolf von Ingeleben im Hagen; den setzten sie 
in den Keller der Altstadt. Alle wurden beschatzt und ihres Leibes und Gutes 
beraubt 
Dies trug sich am Montage zu. Mittwoch darnach kamen sie mit großem 
Hochmut und Prahlen mit den zwei Bürgermeistern Tile vam Damme und 
Hans vom Himstede und zogen mit ihnen auf den Hagenmarkt, und sie ließen 
ihnen das Haupt abschlagen auf weißen braunschweigischen Laken. Sie aber hatten 
solches nicht verschuldet; es geschah ihnen dies mit Gewalt. Hierauf zogen sie mit 
zwei anderen Bürgermeistern, Hermann vom Gustede und Hennig Luzeken, in die 
Neustadt vor den Weinkeller und ließen ihnen hier die Köpfe abschlagen. Und 
zwei Bürgermeister ließen sie vor ihren eigenen Häusern töten, Hans von 
Gottinge und Brun von Gustede 
Viele von den reichen Leuten waren über die Mauer entkommen; die ver- 
bannten sie, wie auch die, welche sie noch gefangen sitzen hatten. Etliche ließen 
sie schwören, sich von der Stadt bis auf zehn Meilen fern zu halten. Von diesen 
Eiden erlöste sie der Papst, weil sie in Lebensnot geschworen hatten. Einige 
wurden von ihnen begnadigt; sie wurden eingelegt und mußten schwören, sich in 
ihren Häusern zu halten?). Ihr Gut wurde nachher abgeschattt 
1) Als Bauermeister sind hier wahrscheinlich die Vorsteher der Dingpflichtigen eines 
Gerichtsbezirks aufzufassen. 
2) Sie erhielten Haft in ihren Häusern.
	        
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