Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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Das Innere einer mittelalterlichen Stadt (Augsburg). 
1416. 
Quelle: Burkard Zink, Chronik (Mittelhochdeutsch) 7. 
Übertragung: Erler a. a. O. Bd. 3. S. 462 und 463. 
Item in demselben Jahre (1416) im Herbst ließ Hans Gewerlich vor seinem 
Hause, das gelegen ist an dem Rindermarkte an der Ecke des Gäßchens, welches 
nach des Kuntzelmann Haus führt, pflastern. Und da das geschehen war, gefiel 
es jedermann wohl und riet man, man solle anfangen zu pflastern: könne man 
Steine und Sand genug haben, so sollte man überall pflastern; doch man hatte 
großen Zweifel, ob man genug Steine habe. Und also begann man zu pflastern, 
zuerst beim Gögginger Tore und dann die Gassen weiterhin bis an des Gewer- 
lich Gasse und an sein Pflaster; da war es hübsch und gar zierlich und gefiel 
jedermann wohl und hatte man Steine und Sand genug, je länger, je mehr; 
denn die Leute gingen an den Lech und an die Wertach und klopften Steine, und 
man machte auch Sands genug, und es verkauften die Leute Steine und Sand nach 
dem Maße, so daß es niemand zu teuer dünkte. Und hiernach gebot man den Leuten 
überall an den vorzüglichsten und vornehmsten Gassen, sie sollten pflastern, wozu 
jedermann willig war, und es mußte jedermann pflastern vor seinem Hause eine Rute 
weit Abstand von seinem Hause, und wo die Gassen breiter waren, da zahlte die Stadt. 
Und also pflasterte man für sich weiterhin und war jedermann willig, je länger, 
je geringer, bis es doch von Gottes Gnaden ist hernach nach langer Zeit geschehen. 
Und ist zu wissen, daß dies sicher ein groß Bedürfnis war, daß man pflasterte; 
denn es war zu aller Zeit überall in der Stadt kotig, und es waren ringsherum 
hölzerne Stufen über die Gassen und große Dämme vor den Häusern und der 
Weg in der Straße war zu kotig tief, daß kaum ein Wagen dem andern in einer 
weiten Gasse ausweichen konnte, und besonders auf dem Hohen Wege, da waren 
hohe Dämme vor den Häusern und war die Straße so tief und so kotig und 
waren so tiefe Stufen über die Gasse, daß man schwer und mit Mühe 
hindurch fahren konnte; desgleichen war es auch an der Heiligenkreuzgasse 
innerhalb des Tores, wo es ungemächlich und übel aussah und ein gar tiefer 
Weg war. 
88. 
Die Feme. 
Um 1430. 
A. Der Aufnahmeeid des Freischöffen. 
Quelle: Weistum aus dem 15. Jahrhundert (Übergangsdeutsch). 
Übertragung: Theodor Lindner, Deutsche Geschichte unter den Habsburgern und Luxemburgern. 
Stuttgart 1898. Bd. 2. S. 383. 
Ich gelobe bei der heiligen Ehe, daß ich nunmehr will die Feme wahren, 
hehlen, hüten und halten vor Mann, vor Weib, vor Torf, vor Zweig, vor Stock, 
1) Burkard Zink (1396—1474), ein ehrenfester Augsburger Kaufmann, der sich durch 
redlichen Fleiß einen wohlgegründeten Wohlstand und hohes Ansehen schuf, schrieb in 
seinen letzten Jahren eine Chronik, in der die Darstellung der Geschichte seiner Stadt und 
die Beschreibung des eigenen, inhaltreichen Lebens den breitesten Raum einnimmt. Wie 
sehr der Mann und seine Arbeit geschätzt werden, geht daraus hervor, daß König Lud- 
wig I. von Bayern ihm ein Denkmal hat errichten lassen.
	        
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