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vor Stein, vor Gras, vor Grein, vor allen lebenden Wichten, vor allen Gottes—
geschichten, vor allem, was zwischen Himmel und Erden Gott hat lassen werden,
bis an den Mann, der die Feme halten kann!).
B. Die Vorladung des Angeklagten.
1. Quelle: Ein Ladebrief (Übergangsdeutsch).
Übertragung: Theodor Lindner a. a. O. S. 384.
Wisset, Hermann Degler und sein Sohn und Albert Strodemann, daß ich
Jakob Stoffregen, Freigraf der Grafschaft Rheda, Euch tue bitten und entbiete von
des heiligen Reiches wegen unter Königsbanne, daß Ihr kommet vor den Frei-
stuhl an dem Hundehof bei der Mühle zu Rheda am nächsten Montag nach
St. Bartholomäustag zur rechten Richtezeit am Tage und antwortet dort auf die
Klage des Johann Stroding, weil die Klage Euch allen hoch geht an Euneren
Leib und Ehre. Guten Freunde, hier kehret Eure Weisheit zu, daß der schweren
Gerichte über Euch keine Not hate2).
2. Quelle: Arnsberger Reformation aus dem Jahre 1427.
übertragung aus dem Abdruck des im Übergangsdeutsch gehaltenen Textes bei Lehmann a. a. O. S. 204.
Man soll einen jeden wissenden Mann vorladen zum erstenmal mit zwei echten,
rechten Freischöffen auf sechs Wochen und drei Tage in seiner Anwesenheit oder
in seiner Wohnung. Wenn er keine Wohnung hat, soll man ihn suchen, da er
zu Zeiten ist und aus= und eingehet. Ist er aber ein Herumstreicher, also daß
man seine Wohnung oder seinen Aufenthalt nicht finden möchte, so soll man ihn
an den Wegscheiden, nach den vier Enden des Landes, nämlich Osten, Süden,
Westen und Norden, vorladen ...Wenn die Boten am Tage aus Angst nicht
dahin kommen können, wo die Vorladung geschehen soll, so mögen sie die Vor-
ladung in der Nacht vor der Stadt oder dem Schloß vollziehen, in der oder auf
dem der Mann ist, und den Brief in den Riegel und die Pforte stecken und
einen Span daraus kerben und hauen, ihn zur Urkunde mitnehmen und dann
den Wächter ansprechen und rufen, damit er es dem Manne N. sage
C. Verurteilung eines Fürsten.
Quelle: Urteil aus dem Jahre 1429 (Übergangsdeutsch)).
Übertragung: Theodor Lindner a. a. O. S. 384 und 385.
So habe ich Freigraf Albert zusammen mit den Freigrafen, die den Stuhl mit
mir besessen haben, den Heinrich, welcher sich schreibt Herzog in Bayern und Pfalzgraf
bei Rhein, aus königlicher Gewalt genommen, verfemt und verführt aus der rechten
1) Ehe (Gesetz) ist die heilige Schrift, Gottgeschicht — Geschöpf.
5½) Zur Zeit Kaiser Sigismunds rissen die Klagen über Übergriffe der Femgerichte
nicht ab. Im Auftrage des Kaisers unternahm daher der Erzbischof Dietrich von Köln in
seiner Eigenschaft als Herzog von Westfalen eine Regelung und ließ im Jahre 1437 auf
Grund alter Weistümer zu Arnsberg die sogenannte „Reformation“ aufstellen, die fortan
die Norm für die Tätigkeit der Feme bildete.
5) Das urteil fällte im Jahre 1429 der Freigraf Albert Swinde auf dem Stuhle
zu Limburg an der Lenne über den von einem bayerischen Ritter angeklagten Herzog
Heinrich den Reichen von Bayern-Landhut.
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