Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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2. 
Die Chauken. 
Quelle: Plinius der Altere, Naturgeschichte (Lateinischns). XVI, 2—4. 
Übersepung: J. Horkel und W. Wattenbach, Die Römerkriege. 3. Abt. 2. Aufl. Leipzig o#. J. 
(Gesch. d. d. B. 2. Ausg. Bd. 2.) S. 195 und 196. Jußnote. 
2. Wir haben im Norden die Stämme der Chauker gesehen, die größeren und 
die kleineren genannt. Dort dringt Tag und Nacht zweimal in ungeheurer Weite 
der Ozean mit unermeßlichem Wogenschwall gewaltig an und begräbt unter 
seinen Fluten den ewigen Streit der Schöpfung: ob Meer, ob Land, keiner ver- 
mag es zu sagen. 
3. Dort hat das unglückliche Volk Höhen oder Erdhügel inne, die es mit 
eigener Hand aufgeworfen hat: es weiß ja aus Erfahrung, wie hoch die höchste 
Flut steigt. Darauf stehen ihre Hütten: Seefahrern gleichen sie, wenn die See 
das Land umher bedeckt, Schiffbrüchigen, wenn sie zurückgetreten ist. Rings um 
ihre Hütten machen sie Jagd auf die Fische, welche mit dem Meer entfliehen. 
Nicht ist es ihnen geworden, Vieh sich zu halten und von Milch zu leben, wie 
ihren Nachbarn, selbst nicht einmal den Kampf mit wilden Tieren zu bestehen; 
denn weit umher gedeiht kein Strauch. 
4. Aus Schilf und Riedgras flechten sie Stricke, um Netze für die Fische aus 
zuspannen. Mit ihren Händen sammeln sie Schlamm, den sie dann mehr am 
Winde als an der Sonne trocknen; mit dieser Erde kochen sie ihre Speise, damit 
erwärmen sie sich, wenn ihre Glieder von Frost starren. Ihr einziges Getränk ist 
das Regenwasser, welches sie in Gruben und in dem Vorhof ihres Hauses auf 
bewahren. Und wenn diese Stämme heute von dem römischen Volke besiegt 
werden, so klagen sie über Knechtschaft! So ist es fürwahr: viele schont das Ge 
schick, um sic zu strafen. 
3. 
Land und Volk der Germanen im ersten Jahrhundert nach Christo. 
Quelle: P. Cornelius Tacitus, Über den Ursprung, die Lage, Sitten und 
Völker Deutschlands (Lateinisch) :). 2—27. 
Übersetzung: J. Horkel und W16. Wattenbach a. a. O. 2. Abt. S. 173—190. 
2. Die Germanen selbst möchte ich für Eingeborene halten, nie und nirgends 
durch fremder Völker Einwanderung und Ansiedlung gemischt. Denn nicht zu 
Lande, sondern auf Flotten nahten einst die, welche ihre Wohnsitze zu wechseln 
6 10 Plinius der Altere, der berühmte römische Naturforscher, der beim Ausbruch des 
Vesuvs im Jahre 79 ums Leben kam, schrieb eine „Naturgeschichte“, ein Nachschlagewerk, 
das. in 37 Büchern eine ungeheure Menge Notizen bringt, die fast alle Gebiete des 
menschlichen Wissens berühren. Er hat als Offizier der römischen Reiterei in Deutschland 
gestanden. Seine Nachrichten über Deutschland beruhen daher zum Teil auf eigner An- 
schauung. 
2) Publius Cornelius Tacitus, ein vornehmer Römer, der unter den Flaviern und 
den ersten Adoptivkaisern die höchsten Staatsämter bekleidete, gilt als der bedeutendste 
römische Geschichtschreiber. Von seinen historischen Werken sind außer unserer Quellen- 
schrift erhalten: die Lebensbeschreibung seines Schwiegervaters Agrikola, die „Jahrbücher" 
(die Jahre 14—68 behandelnd) und die „Geschichten“ (die Zeit von 69—96 umfassend). 
Das hier benutzte Werk, die Germania, wie es gewöhnlich genannt wird, mag im Winter 
98 auf 99 nach Christo entstanden sein. Tacitus hat selbst unser Vaterland nie betreten.
	        
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