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Und verkauft auch künftige Sünde. Und des Dinges trieb er greulich viel.
Ich wußte aber zu der Zeit nicht, wem solches Geld sollte. Da ging ein
Büchlein aus, gar herrlich unter des Bischofs zu Magdeburg Wappen, darin
solcher Artikel etliche den Quästoren geboten wurden zu predigen. Da kam es
herfür, daß Bischof Albrecht diesen Tetzel gedingt hatteee ...
93.
Luthers Kampf gegen den Ablaß.
Quelle: Luthers Thesen vom 31. Oktober 1517 (Lateinisch)1). Text nach
der Jenaer Ausgabe von Luthers Schriften, 1. Teil 1560.
Übersetzung: Neubauer, Martin Luther. Denkmäler der älteren deutschen Literatur. Halle 1903. S. 62—67.
1. Da unser Meister und Herr Jesus Christus spricht: „Tut Buße“ usw.,
will er, daß das ganze Leben seiner Gläubigen auf Erden eine stete und unauf-
hörliche Buße soll sein. — 2. Und kann noch mag solches Wort nicht vom Sakra-
ment der Buße, das ist von der Beichte und Genugtuung, so durch der Priester
Amt geübt wird, verstanden werden. — 3. Jedoch will er nicht allein verstanden
haben die innerliche Buße; ja, die innerliche Buße ist nichtig und keine Buße, wo
sie nicht äußerlich allerlei Tötung des Fleisches wirket. — 4. Es währet derhalben
Reu und Leid, d. h. wahre, innere Buße, solange einer Mißfallen an sich selber
hat, nämlich bis zum Eingang aus diesem in das ewige Leben. — 5. Der Papst
will noch kann nicht einige andere Pein2) erlassen außerhalb derer, die er nach
seinem Gefallen oder laut des Kanons, d. i. päpstlicher Satzung, auferlegt hat.
— 6. Der Papst kann keine Schuld vergeben, denn allein sofern, daß er erkläre
und bestätige, was von Gott vergeben sei, oder aber, daß er's tue in den Fällen,
die er sich vorbehalten hat, welche Fälle, so sie verachtet würden, bliebe die Schuld
ganz und gar unaufgehoben oder verlassen.
10. Die Priester handeln unverständig und übel, die den sterbenden Menschen
poenitentias canonicas, d. i. auferlegte Bußen ins Fegefeuer sparen und behalten,
ihnen daselbst genug zu tun. — 12. Vor Zeiten wurden canonicae poenae, d. i.
Buße oder Genugtuung für begangene Sünden, nicht nach sondern vor der
Absolution aufgelegt, dabei zu prüfen, ob die Reue und das Leid rechtschaffen wären.
20. Derhalben meint noch versteht der Papst nicht durch diese Worte (voll-
kommene Vergebung aller Pein), daß insgemein allerlei Pein vergeben werden,
sondern meint die Pein allein, die er selbst hat auferlegt. — 21. Derhalben irren
die Ablaßprediger, die da sagen, daß durch des Papstes Ablaß der Mensch von
aller Pein los und selig werde. — 27. Die predigen Menschentand, so da vor-
geben, daß, sobald der Groschen in den Kasten geworfen klinget, von Stund an
die Seele aus dem Fegefeuer fahre. — 31. Wie selten einer ist, der wahrhaftige
Reue habe, so selten ist auch der, der wahrhaftig Ablaß löset, d. i. es ist gar
selten einer zu finden. — 32. Die werden samt ihren Meistern zum Teufel fahren,
die da vermeinen, durch Ablaßbriefe ihrer Seligkeit gewiß zu sein. — 33. Vor
denen soll man sich sehr wohl hüten und vorsehen, die da sagen, des Papstes
Ablaß sei die höchste und werteste Gottesgabe oder Geschenk, dadurch der Mensch
1) Das lateinische Original findet sich in der Wittenberger Ausgabe der Werke
huthe (1545). Bd. I, Blatt
2) „Pein“ ist hier und 8 den folgenden Thesen immer das lateinische „poena“
Strafe.