Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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mit Gott versöhnet werde. — 34. Denn die Ablaßgnade siehet allein auf die Pein 
der Genugtuung, die von Menschen aufgesetzt ist worden. — 35. Die lehren un- 
christlich, die vorgeben, daß die, so da Seelen aus dem Fegfeuer oder Beicht- 
briefe wollen lösen, keiner Reue noch Leides bedürfen. — 36. Ein jeder Christ, 
so wahre Reue und Leid hat über seine Sünden, der hat völlige Vergebung von 
Pein und Schuld, die ihm auch ohne Ablaßbriefe gehöret. — 38. Doch ist des 
Papstes Vergebung und Austeilung mit nichten zu verachten, denn, wie ich gesagt 
habe, ist seine Vergebung eine Erklärung göttlicher Vergebung. — 41. Für- 
sichtiglich soll man von dem päpstlichen Ablaß predigen, daß der gemeine Mann 
nicht fälschlich dafür halte, daß er den anderen Werken der Liebe werde vor- 
gezogen oder besser geachtet. — 43. Man soll die Christen lehren, daß der dem 
Armen gibt oder leihet dem Dürftigen, besser tut, denn daß er Ablaß lösete. — 
44. Denn durch das Werk der Liebe wächst die Liebe, und der Mensch wird 
frömmer, durch den Ablaß aber wird er nicht besser, sondern allein sicherer und 
freier von der Pein oder Strafe. — 47. Man soll die Christen lehren, daß das 
Ablaßlösen ein frei Ding sei und nicht geboten. — 49. Man soll die Christen 
lehren, daß des Papstes Ablaß gut sei, sofern man sein Vertrauen nicht darauf 
setzet, dagegen aber nichts Schädlicheres, denn so . man dadurch Gottes Furcht 
verlieret. — 50. Man soll die Christen lehren: daß der Papst, so er wüßte der 
Ablaßprediger Schinderei, lieber wollte, daß St. Peters Münster zu Pulver ver- 
brannt würde, denn daß es mit Haut, Fleisch und Bein seiner Schafe sollte 
erbauet werden. — 56. Die Schätze der Kirche, davon der Papst den Ablaß aus- 
teilet, sind weder genugsam genannt noch bekannt bei der Gemeinde Christi. — 
62. Der rechte, wahre Schatz der Kirche ist das heilige Evangelium der Herrlichkeit 
und Gnade Gottes. — 71. Wer wider die Wahrheit des päbpstlichen Ablasses 
redet, der sei ein Fluch und vermaledeiet. — 72. Wer aber wider des Ablaß- 
predigers mutwillige und freche Worte Sorge trägt, der sei gebenedeiet. — 77. Daß 
man saget, St. Peter, wenn er jetzt Papst wäre, vermöchte nicht größeren Ablaß 
zu geben, ist eine Lästerung wider St. Peter und den Papst. — 79. Sagen, daß 
das Kreuz mit des Papstes Wappen, herrlich aufgerichtet, vermöge so viel als 
das Kreuz Christi, ist eine Gotteslästerung. — 94. Man soll die Christen ver- 
mahnen, daß sie ihrem Haupte Christo durch Kreuz, Tod und Hölle nachzufolgen 
sich befleißigen. — 95. Und also mehr durch viel Trübsal ins Himmelreich zu 
gehen, denn daß sie durch Vertröstung des Friedens sicher werden. 
94. 
Letzter Versuch Luthers zur Aussöhnung mit dem Pahgst. 
1520. 
Quelle: Sendbrief Luthers an Papst Leo X. (Lateinisch und Deutsch)). 
Übersetzung: H. Preuß, Deutsche Lutherbriefe. Leipzig 1912. S. 9—20. 
Laß mich hier, heiliger Vater, meine Sache auch einmal vor Dir handeln und 
Dir Deine wahren Feinde verklagen. Es ist Dir ohne Zweifel bewußt, wie mit 
mir zu Augsburg der Kardinal S. Sixti2), Dein Gesandter, fürwahr unbescheiden 
1) Die hier wiedergegebene Quelle bringt den Schluß eines langen Sendbriefes, den 
Luther auf den Wunsch des päpstlichen Kammerherrn von Miltitz am 6. September 1520 an den 
Papst richtete, und den er seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ vorsetzte. 
2) Cajetan, Oktober 1518.
	        
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