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Seine mit Deinem großen Nachteil suchte. Er meinte, der eitle Mann, ich würde
mich vor Deinem Namen fürchten, ihm Raum lassen und schweigen (denn der
Kunst und Geschicklichkeit, halt ich, hab er sich nit vermessen). Nu, so er siehet, daß
ich noch getrost bin und mich weiter hören lasse, kommt ihm die späte Reue
seines Frevels und wird inne (so er anders inne wird), daß einer im Himmel ist,
der den Hochmütigen widersteht und die vermessenen Geister demütigt.
Da nn nichts durch die Disputation ward ausgerichtet, denn nur größere Un-
ehr römischen Stuhles, ist Herr Carolus zu den Vätern meines Ordenst#) kommen,
hat Rat begehrt, die Sache zu schlichten und zu schweigen, als die denn aufs
allerwüsteste und fährlichste stand. Da sind etliche Tapfere von denselben zu mir
gesandt, dieweil es nit zu vermuten, daß mit Gewalt gegen mich möge etwas
geschafft werden, haben begehrt, daß ich doch wollte Deine Person, hl. Vater,
ehren und mit untertäniger Schrift Deine und meine Unschuld entschuldigen, ver-
meinend, es sei die Sach noch nit im Abgrund verloren und verzweifelt, wo der
hl. Vater Leo wollte nach seiner angeborenen hochberühmten Gütigkeit die Hand
daran legen. Dieweil aber ich allzeit hab Frieden angeboten und begehrt, auf
daß ich stillen und bessern Studierens warten möchte, ist mir das eine liebe, fröh-
liche Botschaft gewesen, hab sie mit Dank aufgenommen und mich auf das
Willigste lenken lassen und für eine sondere Gnade erkennet, so es also, wie wir
hoffen, geschehen möchte. Denn ich auch aus keiner andern Ursach so mit starkem
Mut, Worten und Schreiben gewebt?) und gerumort hab, daß ich die niederlegte
und stillete, die, wie ich wohl sah, mir weit zu gering sind.
Also komme ich nu, hl. Vater Leo, und zu Deinen Füßen liegend bitte ich,
so es möglich ist, wollest Deine Hände daran legen, den Schmeichlern, die des
Friedens Feinde sind und doch Frieden vorgeben, einen Zaum einlegen. Daß ich
aber sollt widerrufen meine Lehre, da wird nichts draus, darf's sich auch niemand
vornehmen, er wollte denn die Sach noch in ein größeres Gewirr treiben. Dazu
mag ich nit leiden Regel oder Maße die Schrift auszulegen, dieweil das Wort
Gottes, das alle Freiheit lehret, nit soll noch muß gefangen sein. Wo mir diese
zwei Stücke bleiben, so soll mir sonst nichts auferlegt werden, das ich nit mit
allem Willen tun und leiden will. Ich bin dem Hader feind, will niemand an-
regen noch reizen; ich will aber auch ungereizt sein. Werd ich aber gereizet, will
ich, ob Gott will, nit sprachlos noch schriftlos sein. Es mag ja Deine Heiligkeit
mit leichten, kurzen Worten alle diese Haderei zu sich nehmen und austilgen und
daneben Schweigen und Frieden gebieten, welches ich allzeit zu hören ganz be-
gierig bin gewesen.
95.
Luthers Bruch mit Rom.
Quelle: Luther, An den christlichen Adel deutscher Nation von des
christlichen Standes Besserung. 1520.
Übertragung: W. Braune, Neudrucke a. a. O. Nr. 4.
Es ist nicht aus lauter Fürwitz noch Frevel geschehen, daß ich einiger
armer Mensch mich unterstanden, vor Euren hohen Würdens) zu reden. Die Not
und Beschwerung, die alle Stände der Christenheit, besonders das deutsche Land,
1) des Augustinerordens.
2) mich gerührt.
2) Gemeint ist: die Kaiserliche Majestät Karl V.