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und wollte den Konzilsbeschlüssen nur soweit beipflichten, als sie sich auf die
Autorität der Bibel gründen, denn es finde sich, daß die Konzilien geirrt und
eins dem anderen widersprochen hätten. Der Offizial begann in Abrede zu stellen,
daß die Konzilien in Glaubensfragen nicht übereinstimmten, da aber erklärte der
Kaiser, es sei genug, er wolle nichts mehr hören, da dieser die Konzilien ver—
worfen habe. Und so trat Luther ab, geleitet von aller Welt und besonders von
vielen sächsischen Edelleuten aus der Umgebung des Kurfürsten; und als Martin
den Saal verlassen hatte, reckte er die Hand in die Höhe, wie die deutschen
Landsknechte pflegen, wenn sie im Kampfspiele über einen wohlgelungenen Hieb
frohlocken.
99.
Luthers Achtung.
1521.
Quelle: Das Wormser Edikti) vom 8. Mai 1521.
Fundort: Deutsche Reichstagsakten, jüngere Reihe II, bearb. von A. Wrede. Gotha 1896. Nr. 92. S. 640—659.
Damit alle anderen des Luther unzählbare Bosheiten um Kürze willen un-
erzählt bleiben, so hat dieser Einige, nicht ein Mensch sondern als der böse Feind
in Gestalt eines Menschen mit angenommener Mönchskutten, mancher Ketzer aufs
höchste verdammte Ketzereien, die lange Zeit verborgen geblieben sind, in eine
stinkende Pfütze zusammen versammelt und selbst etliche neue erdacht, damit er den
wahren und rechten Glauben zerstöre und unter dem Namen und Schein der evan-
gelischen Lehre allen evangelischen Frieden und Liebe, auch aller guten Dinge Ord-
nung und die allerzierlichste christliche Gestalt umkehre und niederdrücke
Am ersten zu Lob des Allmächtigen und Beschirmung des christlichen Glaubens,
auch des römischen Bischofs und Stuhls gebührlicher Ehre, in Kraft des Amtes
unserer kaiserlichen Würdigkeit, Hoheit und Autorität, dazu mit einhelligem Rat
und Willen unserer und des heiligen Reiches Kurfürsten, Fürsten und Stände,
jetzt hier versammelt, haben wir zu ewigem Gedächtnis des Handels, zur Voll-
streckung des Dekrets, der Sentenz und Verdammnis, laut der Bullen, so unser
heiliger Vater Papst, als dieser Sachen ordentlicher Richter, hat ausgehen lassen,
den gedachten Martin Luther als ein von der Kirche Gottes abgesondertes Glied
und einen verstockten Schismatiker und offenbaren Ketzer von uns und euch
allen und jedem insonderheit zu achten und zu halten erkläret. Und tun das zu
wissen in Kraft dieses Briefes und gebieten auch allen bei Vermeidung der Strafe
des Verbrechens der beleidigten Majestät und des Reiches Acht und Aberacht .
daß ihr den vorgemeldeten Martin Luther nicht hauset, hofet, ätzet
und tränket oder ihm mit Worten und Werken, heimlich oder öffentlich,
Beistand oder Vorschub beweiset, sondern ihn, wo ihr sein mächtig
werdet, gefänglich annehmen und wohlbewahrt an kaiserliche Majestät
senden sollt. Seine Mitverwandten, Anhänger, Enthalter, Fürschieber, Gönner
und Nachfolger sollt jedermann niederwerfen und fahen und ihre Güter zu Handen
nehmen und zu eigenem Nutz behalten. Seine bösen, argwöhnischen und ver-
1) Das Edikt ist von dem päpstlichen Nuntius Aleander im Sinne des Keisers ver-
faßt und am 8. Mai im kaiserlichen Kabinett ausgefertigt worden; in der Schlußsitzung
am 25. Mai wurde es verlesen und am 26., einem Sonntag, in der Kirche unterzeichnet.
Hier folgt ein Auszug aus dem Edikt. Zunächst werden die Irrungen und Ketzereien
aufgezählt, die Luther eingeführt hat, dann heißt es:
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