Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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dächtigen Schriften soll niemand kaufen, verkaufen, lesen, behalten, abschreiben, 
drucken oder abschreiben und drucken lassen, sondern von aller Menschen Gedächtnis 
abtun und vertilgen, unangesehen, ob darinnen etwas Gutes, den einfältigen 
Menschen damit zu betrügen, eingeführt wäre . . .. Damit auch solches alles und 
andere Ursachen künftiger Irrsal abgeschnitten und das Gift derer, so solche 
Schriften dichten und machen, ferner nicht ausgebreitet und die hochberühmte 
Kunst der Druckerei allein in guten und löblichen Sachen gebraucht und geübt 
werde, so haben wir weiter aus kaiserlicher und königlicher Oberhoheit und rechtem 
Wissen, auch mit einhelligem Rat unserer und des Reiches Kurfürsten und Stände, 
bei unserer und des Reiches Acht und Aberacht und anderen vorberührten Pönen 
geboten, gebieten auch solches wissentlich in Kraft dieses unseres Edikts, das wir 
hiermit für ein unverbrüchlich Gesetz zu halten erkennen: daß hinfort kein Buch- 
drucker oder jemand anders, er sei wer oder wo er wolle, in dem heiligen 
römischen Reich, auch in unseren Erbkönigreichen, Fürstentümern und Landen keine 
Bücher noch andere Schriften, in denen etwas begriffen ist, das den christlichen 
Glauben wenig oder viel anrühret, zum ersten drucke und dann nachdrucke ohne 
Wissen und Willen der Ordinarien desselben Orts oder ihrer Substituten und Ver- 
ordneten, mit Zulassung der Fakultät in der heiligen Geschrift einer der nächst ge- 
legenen Universitäten. Aber andere Bücher, sie seien in welcher Fakultät und be- 
greifen, was sie wollen, die sollen mit Wissen und Willen der Ordinarien und 
außerhalb keineswegs gedruckt, verkauft noch zu drucken oder zu verkaufen unter- 
standen, verschaffet noch gestattet werden, in keiner Weise. 
100. 
Albrecht Dürer über Luther. 
Quelle: Albrecht Dürers Tagebuch über seine Reise in die Niederlande. 
Fundort: H. Wolff, Albrecht Dürers Briefe, Tagebücher und Reime. Leipzig 1912. S. 89—91. 
Am Freitag vor Pfingsten im Jahre 1521 kam mir die Mär nach Ant- 
werpen, daß man Martin Luther so verräterisch gefangen hätte.1) Da ihm des 
Kaiser Karls Herold mit dem kaiserlichen Geleit zugegeben war, so ward dem ver- 
traut; aber sobald ihn der Herold in einen unfreundlichen Ort bei Eisenach ge- 
bracht hatte, sagte er, Luther bedürfe seiner nicht mehr, und ritt davon. Alsbald 
waren zehn Pferde da, die führten verräterisch den verkauften frommen, mit dem 
heiligen Geist erleuchteten Mann hinweg, der da war ein Nachfolger des Herrn 
und des wahren christlichen Glaubens; und lebt er noch, oder haben sie ihn ge- 
mordet, das ich nicht weiß, so hat er das gelitten um der christlichen Wahrheit 
willen, und um daß er gestraft hat das unchristliche Papsttum, das da strebt 
wider Christs 
So wie diesem Manne, der da klarer geschrieben hat, denn nie keiner in 
140 Jahren gelebt, dem du einen solchen evangelischen Geist gegeben hast, bitten 
wir dich, o himmlischer Vater, daß du deinen heiligen Geist gebest wiederum 
einem, der da deine heilige, christliche Kirche allenthalben wieder versammele, auf 
daß wir allein und christlich wieder leben, daß aus unseren guten Werken alle 
Ungläubigen, als Türken, Heiden, zu uns selbst begehren und christlichen Glauben 
annehmen. Aber, Herr, du willst, ehe du richtest, wie dein Sohn Jesus Christus 
1) Die Entführung Luthers nach der Wartburg bei seiner Rückkehr vom Reichstag zu 
Worms fand am 4. Mai 1521 statt. Der wahre Sachverhalt war Dürer natürlich unbekannt.
	        
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