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daß ich's aus keinem Zag getan habe. Er sah mein Herz wohl, da ich zu Worms
einkam, daß wenn ich hätte gewußt, daß soviel Teufel auf mich gehalten hätten,
als Ziegel auf den Dächern sind, wäre ich dennoch mitten unter sie gesprungen
mit Freuden. Nun ist Herzog Georgt) noch sehr ungleich auch nur einem einzigen
Teufel. Und sintemal der Vater der unergründlichen Barmherzigkeit uns durchs
Evangelium gemacht hat freudige Herren über alle Teufel und Tod und uns ge-
geben den Reichtum der Zuversicht, daß wir dürfen zu ihm sagen: herzliebster
Vater, so kann E. k. G. selbst ermessen, daß es solchem Vater die höchste Schmach
ist, so wir nicht sowohl ihm vertrauen sollten, daß wir auch Herren über Herzog
Georgs Zorn sind. Das weiß ich ja von mir wohl, wenn diese Sache zu Leipzig
also stünde wie zu Wittenberg, so wollte ich dennoch hineinreiten, wenn's gleich
(E. k. G. verzeihen mir mein närrisch Reden) neun Tage eitel Herzog Georgen
regnete Ich will aber E. k. G. nicht verbergen, daß ich für Herzog Georgen
habe nicht nur einmal gebeten und geweinet, daß ihn Gott wolle erleuchten. Ich
will auch noch einmal bitten und weinen, danach nimmermehr . . . ...
Solches sei E. k. G. geschrieben, der Meinung, daß E. k. G. wisse, ich komme
gen Wittenberg in gar viel einem höheren Schutz denn des Kurfürsten.
Ich hab's auch nicht im Sinn, von E. k. G. Schutz zu begehren. Ja ich
halt, ich wollt E. k. G. mehr schützen, denn sie mich schützen könnte. Dazu,
wenn ich wüßte, daß mich E. k. G. könnte und wollte schützen, so wollte ich nicht
kommen. Dieser Sachen soll noch kann kein Schwert raten oder helfen, Gott
muß hier allein schaffen ohne alles menschliche Sorgen und Zutun. Darum, wer
am meisten gläubt, der wird hie am meisten schützen
Hiermit befehle ich E. k. G. in Gottes Gnaden. Weiter wollen wir aufs
schierste:) reden, so es not ist. Denn diese Schrift habe ich eilend abgefertigt, daß
nicht E. k. G. Betrübnis widerführe von dem Gehöre meiner Ankunfts); denn ich
soll und muß jedermann tröstlich und nicht schädlich sein, will ich ein rechter Christ
sein Gott sei Liebe und Lob in Ewigkeit. Amen. Gegeben zu Borna
bei dem Geleitsmann am Aschermittwoch, Anno 1522.
Eurer kurfürstlichen Gnaden untertäniger Diener Martin Luther.
102.
Luther im Schwarzen Bären zu Jena.
1522.
Quelle: Tagebuchaufzeichnungen Johann Keßlers")
Fundort: J. J. Bernet, Johann Keßler, genannt Athenarius, bürzer und Reformator zu * Gallen.
St. Gallen 1826. S. 28—3
Da wir, die heilige Schrift zu studieren, gen Wittenberg reisten, sind wir
nach Jena im Lande Thüringen gekommen in einem wüsten Gewitter, und nach
vielem Umfragen in der Stadt um eine Herberge haben wir keine erhaschen und
1) von Sachsen, Luthers grimmiger Gegner, durch dessen Gebiet (Leipzig) Luther
nach Wittenberg ziehen mußte.
m2) baldigst.
2) in Wittenberg.
"4) Die beiden Schweizer Johann Keßler und Johann Reutiner zogen im ersten Früh-
jahr 1522 nach Wittenberg, um dort unter den Reformatoren weiter zu studieren. In Jena
trafen sie mit dem von der Wartburg nach Wittenberg zurückkehrenden Luther zusammen.