Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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einhelligen oder gleichförmigen Kirchenordnung einig werden möchte , sondern 
auch davon zu reden, wie die öffentliche Sünde, Schande und Laster . geistlich 
und zeitlich gestraft. werden möge. 
Schließlich ist für gut befunden, daß dieser Abschied . .geheim gehalten 
werde. 
107. 
Luthers Tod. 
18. Februar 1546. 
Quelle: Brief des Justus Jonas an den Kurfürsten Johann Friedricht#). 
Fundort: V. L. Seckendorf, Geschichte des Luthertums usw. Leipzig 1691. Bd. 3. S. 647—648. 
Gnädigster Kurfürst und Herr! Eure Gnaden gebe ich in Untertänigkeit mit 
ganz hochbetrübtem Gemüte eilends zu erkennen, nachdem unser aller lieber Vater 
Dr. Martin Luther zuvor zu Wittenberg und auch auf dieser Reise etwas geklagt, 
auch im Wagen, da er anher gefahren und hart vor Eisleben gekommen, über 
Schwachheit sich beklaget, hat er doch, solange wir zu Eisleben in diesen Sachen 
der Grafen und Herren gewesen, alle Mittags= und Abendmahlzeiten gehalten, 
über Tische ziemlich wohl gegessen und getrunken, Speise und Trank auch sonderlich 
gelobet, wie es ihm wohlschmecke in seinem Vaterlande. Er hat auch alle Nächte 
ziemlich geschlafen und geruhet, da sein Diener Ambrosius, ich Dr. Jonas, seine 
zween kleinen Söhne Martinus und Paulus bei ihm in der Kammer gelegen, ihn 
auch mit Wärmung der Kissen seiner Gewohnheit nach alle Abende zu Bette ge- 
bracht, oft wir beide, Magister Michael Cölius, Prediger zu Mansfeld, und ich 
Jonas, da er uns fröhlich alle Abende diese drei Wochen hindurch gute Nacht ge- 
geben, oft mit diesen Worten: „Dr. Jonas und Herr Michael, betet für unseren 
Herrn Gott, daß es ihm mit seiner Kirche und Sachen wohlgehe; das Konzilium 
zu Trident zürnet sehr.“ Auch, gnädigster Kurfürst und Herr, hat gemeldeter Herr 
Doktor seine Stärkküchlein, Wasser und Aquavite, was er daheim im Gebrauch 
gehabt, von Wittenberg holen lassen, teils hat ihm auch die Doktorin von selbst 
solches geschickt; ist also allezeit diese drei Wochen hindurch, da je über zwei oder 
drei Tage einmal Verhandlung gewesen, bei den Händeln je zu Zeiten eine 
Stunde oder auch anderthalbe gesessen. Aber gestern, Mittwochs, den 17. Februar, 
ist er auf Bedenken des Fürsten von Anhalt und des Grafen Albrecht (von 
Mansfeld) auch auf unser Bitten und Vermahnen den Vormittag in seinem 
Stüblein geblieben und zu den Händeln nicht gegangen. Ist im Stüblein umher 
gegangen, hat je zu Zeiten zum Fenster hinausgesehen und gebetet so ruhig, daß 
wir's auch, die wir bei ihm in der Stube gewesen, gehöret, doch immer fröhlich 
gewesen, je zu Zeiten auch ein Wort hören lassen, wie: „Dr. Jonas und Herr 
Michael, ich bin hier zu Eisleben geboren und getauft; wie, wenn ich hier 
bleiben sollte?“ Über Tisch hat er viel von schönen Sprüchen in der heiligen 
Schrift geredet und einmal gesagt: „Wenn ich meine lieben Landesherren, die 
Grafen, vertrage und, will's Gott, diese Reise ausrichte, so will ich heimziehen 
und mich in den Sarg schlafen legen und den Würmern den Leib zu verzehren 
geben.“ - · 
1) Justus Jonas hat den Brief eine Stunde nach Luthers Abscheiden dem Sekretär 
des Grafen Albrecht von Mansfeld in die Feder diktiert, „da wir — wie er in einer 
Nachschrift hinzusetzte — vor Betrübnis halber nicht alles haben schreiben können."
	        
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