Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

— 195 — 
VII. 
Aus der Zeit des großen Krieges. 
116. 
Die Jesuiten. 
Quelle: Sendschreiben des Ignatius Loyola aus Rom vom 26. März 
1553 an die Brüder der Gesellschaft Jesu in Portugal über die Tugend 
des Gehorsams!. (Lateinisch.) 
Übersetzung: Alfred Miller, Die Jesuiten. Leipzig 1914. S. 92—108. 
2. Und wahrlich, es ist mein Wunsch, daß ihr sowohl in allen Gaben und 
geistlichen Vorzügen vollkommen sein als auch und zwar vor allem (wie ihr es 
auch sonst von mir vernommen habet) durch die Tugend des Gehorsams auch ganz 
besonders auszeichnen möget, und dieses nicht nur wegen der ausnehmenden und 
besonderen Vorteile derselben . sondern auch, weil der Gehorsam allein jene 
Tugend ist, welche alle übrigen Tugenden ins Herz pflanzt und die gepflanzten 
bewahrtt . 
3. Wir mögen uns von anderen religiösen Orden an Fasten, an Wachen und 
an der übrigen Strenge in der Nahrung und Kleidung, welche jeder seinem Ge- 
brauche und seiner Verfassung gemäß gottgefällig auf sich nimmt, leichter über- 
treffen lassen: im wahren und vollkommenen Gehorsam jedoch und in der Ver- 
leugnung des Willens und des Urteils wünschte ich sehnlichst, geliebteste Brüder, 
daß alle, die in dieser Gesellschaft Gott, unserm Herrn, dienen, sich auszeichnen 
mögen, und daß man an diesem Merkmale die wahren und echten Söhne der 
Gesellschaft erkenne, die niemals die Person dessen, dem sie gehorchen, sondern 
in ihr Christus, den Herrn, im Auge haben, um dessen willen sie gehorchen. 
Denn man muß ja dem Oberen nicht deshalb gehorchen, weil er mit Klugheit, 
Güte und mit was immer für anderen göttlichen Gaben geziert und ausgerüstet 
ist, sondern einzig deshalb, weil er die Stelle Gottes vertritt und im Namen dessen 
befiehlt, der da sagt: „Wer euch hört, hört mich, und wer euch verachtet, ver- 
achtet mich"“; und im Gegenteil darf man auch, wenn der Obere etwa weniger 
Einsicht oder Klugheit besäße, im Gehorsam gegen ihn, insofern er Oberer 
ist, nicht im mindesten nachlassen, da er die Person dessen vertritt, dessen Weis- 
heit nicht irren kann . . . .. 
5. Nun ist es aber auch mein sehnlichster Wunsch, ihr möchtet klar überzeugt 
sein und es tief eurem Geiste einprägen, daß jene Art des Gehorsams, welche die 
Befehle nur im Werke vollzieht, die unterste und sehr unvollkommen ist, auch den 
Namen einer Tugend nicht verdient, wenn sie sich nicht zur zweiten Stufe er— 
hebt, wo man den Willen des Oberen zu dem seinigen macht und mit 
diesem so übereinstimmt, daß nicht nur im Werke die Vollziehung, sondern auch 
in der Neigung die Übereinstimmung sich zeige, und so beide dasselbe wollen 
oder nicht wollen 
2½2)0) Die Quellen, die der Orden selbst als für die Gründung, Leitung, Verfassung neu- 
eintretenden Mitgliedern gegenüber während der sogenannten „Kandidatur“" als wesentlich 
aufstellt, sind festgelegt in der Sammlung, die den Namen „Institut“ führt und zum letzten- 
mal 1894 in Florenz in vier starken Bänden offiziell als Manuskript gedruckt wurde. 
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