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schichtliche Aufzeichnung darüber vorhanden ist. Römische Soldaten lagen dort im
Winterquartiere; Städte wurden gegründet, und die Barbaren wurden durch
römische Sitten wie umgewandelt; Märkte wurden eröffnet und friedlicher Verkehr
mit ihnen unterhalten. Doch nicht hatten sie die Sitten ihrer Väter, ihre an-
geborene Art, ihr freies Leben und die Macht, welche ihnen die Waffen gaben,
vergessen. Solange sie ganz allmählich und mit methodischer Behutsamkeit um-
gebildet wurden, empfanden sie die Veränderung ihrer Lebensart nicht drückend
und merkten es selbst nicht, wie sie andere wurden. Als aber Varus Quintilius),
der, nachdem er Syrien verwaltet hatte, zum Oberbefehlshaber in Germanien
ernannt war und die dortigen Verhältnisse als höchste Behörde ordnete, sie mit
größerer Schnelligkeit und mehr Nachdruck umwandeln wollte, ihnen Befehle
wie Sklaven erteilte, und wie von Untergebenen Geldzahlungen forderte, er-
trugen sie es nicht, Fürsten wie Volk: jene, weil sie nach ihrer früheren Macht
Begehr trugen, dieses, weil es die gewohnte Ordnung der Dinge fremder Zwing-
herrschaft vorzog. Einen offenen Aufstand wagten sie nicht, weil sie sahen, daß die
Römer zahlreich am Rhein, zahlreich auch in ihrem eigenen Lande standen;
sondern indem sie Varus bereitwillig aufnahmen, als würden sie alles tun, was
ihnen befohlen würde, lockten sie ihn weit ab vom Rhein in das Land der
Cherusker und an die Weser. Da sie auch dort in Friede und Freundschaft mit
ihm lebten, brachten sie ihn zu dem Glauben, sie könnten Sklaven sein, auch ohne
Soldaten. '
19. So hielt denn Varus seine Heeresmacht nicht, wie es in Feindesland sich
gehörte, beisammen, sondern überließ die Soldaten scharenweise hilfsbedürftigen
Leuten, die darum baten, bald um irgendeinen festen Platz zu bewachen, bald
um Räuber einzufangen, bald um Getreidetransporte zu begleiten. Die haupt—
sächlichsten Verschworenen, welche bei dem Anschlage wie nachher im Kriege an-
führten, waren neben anderen Arminius?) und Segimerus; beide waren stets um
Varus und oft an seiner Tafel. Während er daher gutes Mutes war und nichts
Arges erwartete und allen denen, welche argwöhnten, was geschah, und ihm zur
Vorsicht rieten, nicht allein gar keinen Glauben schenkte, sondern sie schalt, als ob
sie sich vergebens ängstigten und jene mit Unrecht verleumdeten, empörten sich
zuerst einige von denen, welche weiter ab wohnten, der Verabredung gemäß, damit
Varus, wenn er gegen sie zöge, auf dem Marsche, zumal er in Freundesland zu
sein glaubte, leichter beizukommen wäre und er nicht etwa, wenn alle zugleich
plötzlich den Krieg erklärten, sich durch Vorsicht sicherte. So geschah es. Als er
aufbrach, ließen sie ihn vorausziehen und blieben zurück, angeblich um Bundes-
genossen zu werben und sodann binnen kurzem zu ihm zu stoßen. Nachdem sie die
dienst sehr hohe Amter bekleidete, ja sogar zweimal das Konsulat erlangte. In seinen
Mußestunden trieb er eifrig Studien und sammelte mit unermüdlichem Fleiß den Stoff zu
den 80 Büchern seiner „Römischen Geschichte“. Wichtig für uns ist seine Darstellung der
Kämpfe zwischen Römern und Germanen. Freilich haben wir nicht die Schilderung des
Cassius selbst, sondern nur Auszüge aus ihr, die in den Werken zweier etwa 900 Jahre
nach ihm lebenden byzantinischen Mönche enthalten sind. Aber auch der hiernach wieder
hergestellte Bericht ist trotz seiner Unvollständigkeit sehr wertvoll; er enthält die umfang-
reichste Erzählung über die Varusschlacht. #
1) Sein Bildnis ist auf einer Kupfermünze einer afrikanischen Stadt erhalten. Die
Münze ist geprägt, als Varus Prokonsul in Afrika war (7/6 vor Christo).
) Der Name Arminius ist die Lateinisierung eines germanischen Namens, der un-
bekannt ist, jedenfalls aber nicht unserem Hermann entspricht.