Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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Theoderichs Herrschaft in Italien. 
493—526. 
Quelle: Prokop, Über den Gotischen Krieg (Griechisch)#). I, 1. 
Übersetzung: Dr. D. Coste, Prokop, Gotenkrieg. Leipzig 1885. (Gesch. d. d. V. 2. Ausg. Bd. 7.) S. 5 und 6. 
A# die Goten unter Theoderich schon im dritten Jahr Ravenna eingeschlossen 
hielten, wurden sie der Belagerung überdrüssig; andererseits litten Odoakers 
Scharen bereits Mangel an den notwendigsten Lebensmitteln. Man kam daher 
unter Vermittelung des Bischofs von Ravenna dahin überein, Theoderich und 
Odoaker sollten in Ravenna gemeinschaftlich herrschen. Eine Zeitlang hielten sie 
beide den Vertrag; dann aber bemächtigte sich Theoderich der Person Odoakers, 
der ihm angeblich nach dem Leben getrachtet hatte, bei einem Schmause, zu dem 
er ihn unter der Maske der Freundschaft geladen, und ließ ihn töten. Die noch 
etwa übrig waren von seinen früheren Gegnern, gewann er für sich und herrschte 
von nun an unangefochten über Goten und Italiker. Namen und Insignien des 
Kaisers?) anzunehmen, hielt er nicht für angezeigt, sondern ließ sich zeitlebens 
„König" nennen — so pflegen die Barbaren ihre Heerführer zu bezeichnen —: 
in Wirklichkeit war das Verhältnis seiner Untertanen zu ihm ganz wie zu einem 
Kaiser. Seine gewaltige Hand sorgte für Gerechtigkeit allerwegen und war ein 
starker Schirm für Recht und Gesetz. Vor Einfällen benachbarter Barbaren be- 
wahrte er sein Land; seine Weisheit und Tapferkeit waren gefürchtet und geehrt 
weit in die Runde. Weder ließ er sich irgend ein Unrecht gegen seine Untertanen 
zu schulden kommen, noch ließ er einem anderen derartiges durchgehen. Nur den 
Teil der Landgüter, den Odoaker seinen Parteigängern zugewiesen hatte, überließ 
er seinen Goten. So war Theoderich dem Namen nach ein Tyrann, in Wirlich- 
keit aber ein rechter Kaiser, nicht um Haaresbreite geringer, als irgend einer von 
denen, die sonst diese Würde bekleidet haben. Obgleich es dem menschlichen 
Charakter zu widersprechen scheint, liebten und verehrten ihn tatsächlich Goten und 
Italiker ohne jeglichen Unterschied. Nach einer Regierung von 37 Jahrens) starb 
er, der Schrecken seiner Feinde, von seinen Untertanen aufs tiefste betrauert. 
11.3 
Der letzte Heldenkampf der Ostgoten. 
553. 
Quelle: Prokop a. a. O. 1V, 35. 
Ülbersetzung: Coste a. a. O. S. 322—326. 
In Kampanien erhebt sich der Vesuv, (der, wie der Atna in Sizilien, oft mit 
Gebrüll glühende Asche auswirft. Tief unten in seinem Krater kann man das 
#) Prokop von Cäsarea machte als Rechtsbeistand Belisars in dessen Gefolge den Feldzug 
gegen die Vandalen mit; auch dem Zuge Belisars gegen die Ostgoten wohnte er bei. Nach 
Konstantinopel zurückgekehrt, schrieb er eine bis zum Jahre 554 reichende Geschichte der 
Kriege Kaiser Justinians. Hier findet sich auch die Beschreibung des Gotenkrieges. Die 
Ereignisse, die er selbst miterlebt hat, sind von ihm unbedingt treu und zuverlässig geschildert. 
2) Das geschah in Rücksicht auf den oströmischen Kaiser, dessen Oberhoheit Theoderich, 
wenn auch nur formell, anerkannte. Sein Königtum dagegen hielt er fest in Rücksicht auf 
seine Goten, die es als Symbol ihrer Nationalität betrachteten. · 
3) Ungenau; über Italien herrschte Theoderich 33 Jahre; König der Ostgoten war er seit 481.
	        
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