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geworden, seiner Kleriker Schar, nahm die Reliquien der Heiligen, die er stets bei
sich zu führen gewohnt war, schritt aus dem Zelte heraus und verbot sogleich den
Mannen, sie hart anlassend, den Kampf, indem er sprach: „Lasset ab, Mannen,
vom Kampfe, tut Krieg und Schlacht ab; denn das wahre Zeugnis der heiligen
Schrift lehrt uns, nicht Böses mit Bösem, sondern sogar Böses mit Gutem zu ver-
gelten. Auch ist schon der lang erwünschte Tag da, und unserer Auflösung herr-
liche Zeit steht bevor. Darum seid stark in dem Herrn und ertraget dankbar, was
er uns gnädig schickt. Hoffet auf ihn; denn er wird eure Seele erlösen.“ Zu den
in der Nähe befindlichen Priestern und Diakonen und den Männern, die in
niederen Graden Gott dienten, sprach er mit väterlich mahnenden Worten:
„Männer und Brüder, seid tapferen Mutes und fürchtet euch nicht vor denen, die
den Körper töten, die Seele aber, die ewig leben wird, nicht vernichten können.
Freuet euch vielmehr im Herrn und befestigt eurer Hoffnung Anker in Gott, der
euch sofort der ewigen Wiedervergeltung Lohn geben und euch in den himmlischen
Höfen Wohnsitze bei den hohen Engeln anweisen wird “
37. Nachdem er so mit seiner Lehre Ermahnung die Schüler angetrieben, sich
die Krone des Märtyrertums zu verdienen, stürzte der ganze wütende Haufe der
Heiden mit Schwertern und voller Kriegsrüstung über sie her und machte die
Leiber der Heiligen nieder in heilbringendem Morde. Darauf stürzte sich der
Haufen der Heiden, frohlockend, daß der Gerechten sterblicher Körper getötet, auf
die Siegesbeute seiner Verdammnis, zerstörte die Zelte, verteilte die an sich ge-
rissene Beute, doch auch die Schreine, in denen viele Bücherbände lagen, und die
Büchsen, die Reliquien enthielten, raubten sie in dem Wahne, sie hätten eine
große Menge Gold und Silber gewonnen. Dann begaben sie sich zu den Schiffen,
in denen sich der tägliche Lebensbedarf der Kleriker und Mannen, wie ein zu dem-
selben Zweck bestimmter kleiner Rest Wein in den noch verschlossenen Gefäßen be-
fand. Als sie nun den Wein entdeckt, begannen sie sofort zu trinken, die ge-
fräßige Gier ihres Bauches zu stillen und den Magen mit dem feuchten Wein zu
netzen, endlich aber, als es sich um die Verteilung der gewonnenen Beute handelte,
begannen sie untereinander Rats zu pflegen und nach des allmächtigen Gottes
wunderbarer Anordnung darüber zu verhandeln, wie das bis dahin noch nicht
einmal erblickte Gold und Silber gegenseitig unter sie verteilt werden solle. Als
aber das Gerede über das vermeintliche viele Gold sich länger hinzog, begam
man allmählich mit Schimpfworten aufeinander loszufahren, und endlich entstand
so heftige Zwietracht, daß der von Wut und Tobsucht erfüllte Haufe sich in zwei
Parteien schied und zuletzt die Waffen, mit denen sie kurz vorher die heiligen
Märtyrer umgebracht, in grausenerweckendem Kampf gegeneinander kehrten.
Nachdem dann der größte Teil des tobenden Haufens gesunken, liefen die Über—
lebenden, da die Gegner, die ihnen den gierig gewünschten Schatz streitig gemacht
hatten, am Boden lagen, freudig auf die Beute, die sie mit Aufopferung ihrer
Seelen und ihres Leibes gewonnen, und fanden, als die Bücherbehälter zer-
brochen waren, für Gold Bücherbände, für Silber Blätter göttlicher Weisheit. So
in ihrer Hoffnung auf Schätze von Gold und Silber getäuscht, zerstreuten sie von
den gefundenen Büchern einige weit und breit auf den Feldern; andere schleppten
sie in das Röhricht der Sümpfe; andere endlich warfen sie an verschiedene ver-
steckte Stellen. Doch wurden sie durch die Gnade des allmächtigen Gottes, sowie
durch die Fürbitte des heiligen Bonifatius, des hohen Bischofs und Märtyrers,
nach Verlauf von langer Zeit unverletzt und unversehrt gefunden und von den