Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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ist, und so werde er vor den König geführt, und der schicke ihn hin, wo es seiner 
Gnade gefälltt). 
3. Wenn einer gewaltsam in eine Kirche eindringt und in ihr etwas raubt 
oder stiehlt oder die Kirche in Brand steckt, so sterbe er des Todes. 
4. Wenn einer das heilige vierzigtägige Fasten aus Mißachtung des Christen- 
tums nicht hält und Fleisch ißt, so sterbe er des Todes. Jedoch soll der Priester 
darüber urteilen, ob ihn nicht etwa die Not dazu gebracht hat, Fleisch zu essen. 
5. Wer einen Bischof oder einen Priester oder Diakonus tötet, soll ebenfalls 
mit dem Tode bestraft werden. 
6. Wenn einer, vom Teufel berückt, nach heidnischer Weise glaubt, ein Mann 
oder eine Frau sei eine Hexe und esse Menschen, und sie darum verbrennt und ihr 
Fleisch zum Essen gibt oder es selbst ißt, der soll mit dem Tode bestraft werden. 
7. Wenn einer den Leib eines verstorbenen Menschen nach heidnischem 
Brauch durch das Feuer verzehren läßt und seine Gebeine zu Asche brennt, soll 
er mit dem Tode bestraft werden. 
8. Wer hinfort im Volk der Sachsen ungetaust sich verstecken will und zur 
Taufe zu kommen unterläßt und Heide bleiben will, der soll des Todes sterben. 
9. Wer einen Menschen dem Teufel opfert und ihn nach heidnischer Sitte den 
bösen Geistern als Opfer darbringt, soll des Todes sterben. 
10. Wenn einer mit Heiden einen Anschlag gegen Christen macht oder mit 
jenen in Feindschaft gegen die Christen verharren will, der soll des Todes sterben. 
Und wer sich gegen den König und das Volk der Christen verschwört, der soll 
des Todes sterben. . 
11. Wer sich gegen den König empört, der werde mit dem Tode bestraft. 
12. Wer die Tochter seines Herrn raubt, der soll des Todes sterben. 
13. Wenn einer seinen Herrn oder seine Herrin tötet, so werde er ebenso gestraft. 
14. Wenn aber einer ob solcher todeswürdiger, heimlich begangener Ver— 
brechen aus eigenem Antrieb zu dem Priester flieht, seine Schuld bekennt und 
Buße tun will, so soll ihm nach dem Zeugnis des Priesters das Leben geschenkt 
werden. 
15. Zu jeder Kirche sollen die zu ihr gehörigen Gaubewohner einen Hof und 
zwei Morgen Lands geben, und auf je 120 Menschen, Adlige, Freie und Liten, 
sollen sie der Kirche einen Knecht und eine Magd zuteilen. 
16. Und so ward mit Christi Segen beschlossen, daß von allem, was an den 
königlichen Schatz entrichtet wird, als Buße für Friedensbruch oder Banngeld?) 
an den König, der zehnte Teil den Kirchen und Priestern gegeben werde. 
17. Ebenso bestimmen wir nach Gottes Gebot, daß alle den Zehnten ihres 
Vermögens und ihrer Arbeit den Kirchen und Priestern geben: die Adligen, die 
Freien und die Liten sollen nach dem, was Gott jedem Christenmenschen gegeben 
hat, ihren Teil Gott darbringen. 
  
1) Das hier umschriebene Recht pflegt man das Asylrecht zu nennen. Die Kirche 
machte von ihm gern Gebrauch und vermochte oft Todesstrafen in Geldbußen um- 
zuwandeln. In dem vorliegenden Gesetz ist dies Kapitel über das Asylrecht die einzige 
milde Stelle. 
pDie Bufße für Friedensbruch ist eine Entwicklungsform des alten Wergeldes, das 
jetzt sehr oft nicht mehr an die gegnerische Partei (Sippe der toten Hand), sondern an 
den König bezahlt wurde. Das Banngeld ist eine Strafe für Nichtbeachtung des könig- 
lichen Befehls oder Bannes.
	        
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