Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

— 58 — 
wir nach Beratung mit unseren Getreuen es für nützlich befunden haben, daß in 
den Bistümern und Klöstern, die mit Christi Hilfe zu leiten unsere Pflicht ist, 
abgesehen von der Unterweisung im klösterlichen Leben und der heiligen Religion, 
jeder, der durch die Gnade Gottes zu lernen vermag, nach seiner Fähigkeit mit 
den Wissenschaften sich beschäftigen soll. Denn wie frommer Wandel die Reinheit 
der Sitten, so möge die Beschäftigung mit Lehren und Lernen die Rede be- 
fördern und schmücken, und nicht soll, wer durch rechten Lebenswandel Gott ge- 
fallen will, es versäumen, ihm auch zu gefallen durch rechte Rede 
Da uns in den letzten Jahren von einigen Klöstern des öfteren Briefe zu- 
gegangen sind, in denen mitgeteilt wurde, was die dort weilenden Brüder in 
heiligen und frommen Gebeten für unser Heil sich mühten, haben wir die Er- 
fahrung gemacht, daß in fast allen diesen Briefen die Gesinnung gut, die Form 
aber wenig gebildet war, und daß das, was Frömmigkeit und Glauben im 
Herzen voll Treue hegten, äußerlich wegen des vernachlässigten Unterrichts die un- 
geübte Sprache ohne Fehler nicht auszudrücken vermochte. 
Darum erwachte in uns die Besorgnis, es könnte, wo die Kenntnis beim 
Schreiben gering war, so gering auch und noch viel geringer, als es nach Fug und 
Recht sein dürfte, das Verständnis der heiligen Schriften sein. Und wir wissen ja 
alle, daß, wenn schon die Irrtümer in Worten gefährlich sind, noch größere Ge- 
fahren entstehen, wenn die Sinne fehlgehen. Deshalb richten wir an euch die Auf- 
forderung, ihr möchtet das Studium der Missenschaften nicht nur nicht vernach- 
lässigen, sondern vielmehr mit demütigem und Gott wohlgefälligem Eifer euch 
darum bemühen, daß ihr leichter und besser in die Geheimnisse der göttlichen 
Bücher einzudringen vermögt. Denn da in den heiligen Schriften rhetorische 
Figuren, Bilder und andere diesen ähnliche Formen des Ausdrucks gefunden 
werden, so kann bei keinem ein Zweifel bestehen, daß der Leser um so schneller 
ihren Sinn erfaßt, je früher er in die Beschäftigung mit den Wissenschaften ein- 
geführt worden ist. Hierzu aber mögen solche Männer ausgewählt werden, die den 
Willen und die Fähigkeit zum Lernen und den Wunsch haben, andere zu unter- 
richten. Und alles dies soll so eifrig betrieben werden, als wir es heißen. Denn 
wir wünschen uns euch, so wie es für Mönche geziemt, frommen Herzens und 
voll Gelehrsamkeit, keusch im Wandel und in der Rede geschult, so daß, wer im 
Namen des Herrn und wegen der Trefflichkeit heiligen Wandels kommt, euch zu 
sehen, nicht bloß an eurem Anblick sich erbaut, sondern auch durch eure Weisheit, 
die er im Lesen und Singen erschaut, gefördert wird, dem allmächtigen Herrn 
Dank sagt und fröhlichen Herzens von dannen geht. 
Abschriften dieses Briefes an alle deine Mitbischöfe und alle Klöster zu senden, 
mögt ihr nicht versäumen, wenn ihr unserer Huld gewärtig sein wollt. 
32 
Karls Sorge für Hebung der Volksbildung. 
789 und 813. 
1. Quelle: Allgemeine Ermahnung aus dem Jahre 789 (Lateinisch). 
lbersetzung: Albert Richter a, a. O. S. 45. 
Die Geistlichen und Mönche sollen nicht nur die Kinder der Hörigen, sondern 
auch die der Freien heranziehen und sich zugesellen. Und sie sollen Schulen ein- 
richten in den einzelnen Klöstern und Bischofssitzen, in denen die Knaben Psalmen,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.