Full text: Wilhelm Heinzes Quellen-Lesebuch zur vaterländischen Geschichte für Lehrerbildungsanstalten und höhere Schulen. Erster Teil. Deutsche Geschichte bis 1648. (1)

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26. Demnach begab sich, wie der König befohlen hatte, Evurhard zu Heinrich, 
stellte sich mit allen seinen Schätzen ihm zur Verfügung, schloß Frieden und erwarb 
sich dessen Freundschaft, die er bis an sein Ende treu und vertraulich bewahrte. 
Sodann versammelte er die Fürsten und Altesten des Frankenheeres an dem 
Orte, welcher Fridislerit) genannt wird, und rief ihn vor allem Volke der 
Franken und Sachsen zum Könige aus. Und da jenem die Salbung nebst dem 
Diadem von dem höchsten Bischofe?), welches zu jener Zeit Hiriger war, an— 
geboten wurde, verschmähte er sie zwar nicht, nahm sie aber auch nicht an. „Es 
genügt mir,“ sagte er, „vor meinen Ahnen das voraus zu haben, daß ich König 
heiße und dazu ernannt worden bin, da es Gottes Gnade und eure Huld so will; 
die Salbung und die Krone aber mögen Würdigeren zuteil werden; solcher Ehre 
halten wir uns für unwert“s). Und es fand solche Rede bei der großen Menge 
Wohlgefallen; sie hoben die Rechte zum Himmel empor und ließen den neuen 
König mit gewaltigen Stimmen zu wiederholten Malen hoch leben. 
35. 
Heinrich sichert sein Land. 
9243. 
Quelle: Widukind von Korvei a. a. O. 1, 35. 
Übersetzung: Reinhold Schottin und W. Wattenbach a. a. O. S. 42 und 43. 
35. Wie nun König Heinrich, als er von den Ungarn einen Frieden auf neun 
Jahre erhalten hatte, mit der größten Klugheit Sorge trug, das Vaterland zu be- 
festigen und die barbarischen Völker zu unterwerfen, dies auszuführen, geht über 
meine Kräfte, obgleich ich es doch nicht auch ganz verschweigen darf. Zuerst 
nämlich wählte er unter den mit Landbesitz angesiedelten Kriegsleuten jeden 
neunten Mann aus und ließ ihn in den Burgen wohnen, damit er hier für seine 
acht Genossen Wohnungen errichte und von aller Frucht den dritten Teil empfange 
und bewahre. Die übrigen acht aber sollten säen und ernten und die Frucht 
sammeln für den Neunten und dieselbe an ihrem Platze aufbewahren. Auch gebot 
er, daß die Gerichtstage und alle übrigen Versammlungen und Festgelage in den 
Burgen abgehalten würden, mit deren Bau man sich Tag und Nacht beschäftigte, 
damit sie im Frieden lernten, was sie im Falle der Not gegen die Feinde zu tun 
hätten. Außerhalb der Festen standen keine oder doch nur schlechte und wertlose 
Gebäude ). Während er nun an solche Satzung und Zucht die Bürger gewöhnte, 
fiel er plötzlich über die Slawen her, die Hevelder genannt werden, ermüdete sie 
durch viele Treffen und nahm endlich bei einem sehr heftigen Froste, indem er 
1) d. i. Fritzlar. 
:) Der höchste Bischof war natürlich der Erzbischof von Mainz. 
5P) Der Grund seiner Ablehnung war kaum seine Bescheidenheit. Vielleicht wollte 
Heinrich seine Abwendung des Königtums von der hohen Geistlichkeit kundtun, die unter 
Konrad großen Einfluß hatte; vielleicht auch nahm er, der nur von Sachsen und Franken 
gewählt war, Rücksicht auf die Empfindlichkeit der Herzöge von Lothringen, Bayern und 
Schwaben, war er doch auch später mehr der Herzog von Sachsen neben ihnen als der 
deutsche König über ihnen. 
4) Es waren dies nicht Städte im späteren Sinne, sondern nur Fliehburgen, Zu- 
fluchtsorte für den Krieg. Ferner bezogen sich diese Anordnungen nicht auf das ganze 
Reich, sondern nur auf die sächsische Ostmark. Außerdem galt jene Vorschrift nicht für die 
freien heerbannpflichtigen Bauern, sondern nur für die herzoglichen Dienstmannen.
	        
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