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die Arbeit, als den Marsch wehrte. Aber auch durch andere Beschwerden wurde
das Heer gepeinigt, durch Krankheit ebensowohl, wie durch Hunger. Während
solches vier Tage hindurch währte, wurde der Graf Gero zu dem Fürsten der
Barbaren namens Stoinef gesandt, mit der Aufforderung, sich dem Kaiser zu
ergeben; er werde ihn dadurch zum Freunde bekommen, nicht als seinen Feind
erproben.
54. Gero nämlich war durch viele gute Eigenschaften ausgezeichnet, des
Krieges kundig, von gutem Rate in bürgerlichen Angelegenheiten, nicht ohne
Beredsamkeit, von vielem Wissen und solches Schlages, daß er seine Klugheit
lieber durch Taten, als durch Worte bewies; im Erwerben zeigte er Tatkraft, im
Mitteilen Freigebigkeit, und was das vorzüglichste war, löblichen Eifer für den
Dienst Gottes. Der Markgraf also begrüßte den Barbaren über den Sumpf und
den Fluß, der an den Sumpf stößt, worauf der Slawe in ähnlicher Weise er-
widerte. Darauf sprach der Markgraf: „Es würde für dich genug sein, wenn du
gegen einen von uns, von meines Herrn Dienern, Krieg führtest und nicht auch
gegen meinen Herrn, den König. Was für ein Heer hast du, was für Rüstungen,
um dich zu solchem zu vermessen? Wenn ihr etwas Tapferkeit, etwas Geschick und
Kühnheit besitzt, so gebt uns Raum, zu euch hinüber zu kommen, oder wir wollen
euch zu uns herüberkommen lassen, und auf gleicher Walstatt möge dann die
Tapferkeit des Streiters sich zeigen.“ Der Slawe, nach barbarischer Sitte mit den
Zähnen knirschend und viele Schimpfworte ausstoßend, verspottete Gero und den
Kaiser und das ganze Heer, da er dasselbe von vielen Beschwerden bedrängt
wußte. Gero aber, hierdurch gereizt, wie er denn sehr hitzigen Gemütes war, ent-
gegnete: „Der morgende Tag wird zeigen, ob ihr, du und dein Volk, stark von
Kräften seid oder nicht; denn morgen werdet ihr uns ohne Zweifel mit euch
handgemein werden sehen.“ . El kehrte also in das Lager zurück und meldete,
was er gehört hatte. Aber der Kaiser erhob sich vor Tagesanbruch und befahl,
mit Pfeilen und anderem Geschoß den Feind zur Schlacht herauszufordern und
den Schein anzunehmen, als ob man mit Gewalt den Sumpf und den Fluß
überschreiten wolle. Die Slawen, die nach der Drohung vom vorigen Tag nichts
anderes vermuteten, brannten gleicherweise auf die Schlacht und verteidigten den
Übergang aus allen Kräften. Allein Gero zog mit seinen Freunden, den Ru-
anern, ungefähr eine Meile vom Lager abwärts und erbaute, vom Feinde un-
bemertt, in aller Eile drei Brücken; dann sandte er einen Boten an den Kaiser
und forderte das ganze Heer auf, ihm nachzukommen. Als dieses die Barbaren
sahen, eilten auch sie sich den Legionen entgegenzustellen; allein ihr Fußvolk hatte
den längeren Weg zurückzulegen, und da sie vom Lauf ermüdet den Kampf be-
gannen, wichen sie bald erschöpft den Rittern; da sie nun in der Flucht Schutz
suchten, wurden sie unverweilt niedergehauen.
55. Stoinef aber erwartete auf einem hohen Hügel mit den Reitern den
Ausgang der Schlacht; als er sah, daß seine Gefährten sich auf die Flucht be-
gaben, floh auch er, und in einem Haine mit zwei Trabanten von einem Ritter
namens Hoseo aufgefunden, wurde er von diesem im Kampfe überwunden,
seiner Wehr beraubt und der Kopf ihm abgeschlagen. Einer der Trabanten ward
lebend gefangen und dem Kaiser nebst dem Kopf und der Rüstung des Häupt-
lings von jenem Ritter dargebracht. Infolge dieser Tat erntete Hoseo Ehre und
Auszeichnung; der Lohn so ruhmvoller Tat war ein kaiserliches Gnadengeschenk
mit den Einkünften von zwanzig Hufen. An demselben Tage wurde das Lager