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Hierauf entgegnete der jüngere Kuno, daß er diesem ganzen Vorschlage bei—
stimme, und er versprach auf das bestimmteste, ihm als seinen geliebten Vetter,
wenn man ihn zum Herrscher ausrufe, jede dem Könige gebührende Treue er-
weisen zu wollen. Bei diesen Worten neigte sich der ältere Kuno im Angesicht
der Volksmenge ein wenig und küßte seinen Vetter, und von diesem Kusse ent—
nahm man zuerst, daß beide sich geeinigt hatten. Dadurch ihrer Eintracht gewiß,
setzten sich die Fürsten zusammen, und das Volk stand in Masse dabei:
Da nun freute sich jeder, daß jetzt die Zeit es erlaubte,
Offen zu sagen und laut, was lange im Herzen verborgen.
Der Mainzer Erzbischof, dessen Stimme den Vorrang vor allen übrigen hatte,
rief, vom Volke um seine Meinung gefragt, mit überschwellendem Herzen und
freudiger Stimme und wählte den älteren Kuno zu seinem Herrn und König,
zum Lenker und Beschützer des Vaterlandes. Diesem Vorschlage schlossen sich die
anderen Erzbischöfe und die übrigen Männer des geistlichen Standes ohne Be—
denken an. Der jüngere Kuno verhandelte ein wenig mit den Lothringern; dann
kam er sofort zurück und wählte mit größtem Eifer jenen zum Herrn und König,
worauf der König ihm die Hand reichte und ihn neben sich Platz nehmen ließ.
Dann wiederholten alle von den einzelnenen Teilen des Reiches immer von
neuem denselben Wahlspruch; die Menge rief Beifall; alle waren in der Wahl des
Königs mit den Fürsten eines Sinnes; alle verlangten den älteren Kuno . .. und
begehrten, daß ohne Verzug die Weihe desselben stattfinde. Die vorher erwähnte
Kaiserin Kunigunde brachte freudig die königlichen Insignien dar, welche ihr Kaiser
Heinrich hinterlassen hatte, und bestätigte ihm die Herrschaft, soweit ihr Geschlecht
es vermag .. Der Kölner Erzbischof freilich und der Herzog Friedrich mit einigen
anderen Lothringern zogen des jüngeren Kuno wegen, wie das Gerücht ging, viel-
mehr aber vom Teufel, dem Störenfried, aufgestachelt, unversöhnt von dannen;
doch wandten sie sich bald zur Huld des Königs zurück
3. Als die Wahl beendigt war, eilten alle mit größter Freudigkeit, den König
nach Mainz zu geleiten, damit er dort die hochheilige Salbung empfange. Sie
gingen frohes Sinnes, die Geistlichen sangen Hymnen; die Laien stimmten Lieder
an, beide auf ihre Art. Solchen Preis hat meines Wissens Gott von den Menschen
an einem Tage an einem Orte noch nicht empfangen. Wäre Karl der Große mit
seinem Zepter leibhaftig erschienen, so wäre das Volk nicht fröhlicher gewesen, und
es hätte sich nicht mehr über eines so großen Mannes Wiederkunft freuen können,
als über dieses Königs erstes Auftreten. Der König kam nach Mainz; dort mit ge-
bührender Ehre empfangen, erwartete er in Demut seine den Wünschen aller ent-
sprechende Weihe
Als der Gottesdienst und die königliche Weihe 1) aufs gebührlichste vollzogen
waren, eröffnete der König den Zug. Und wie wir vom König Saul lesen,
schritt er wie eines Hauptes länger denn alles Volk dahin, und wie umgewandelt
zu einer Haltung, die man früher nie an ihm gesehen, und so kehrte er mit dem
geistlichen Gefolge heiteren Angesichts in würdevollem Schritte in seine Wohnung
zurück. Sodann wurde er an der Tafel mit königlicher Pracht empfangen und
verlebte jenen ersten Tag seiner königlichen Herrlichkeit ganz nach Gebühr.
1) Am 8. September.